Der FSG-Chef weiß noch nicht, ob er für den Nationalrat kandidieren soll. | Trennung im ÖGB von politisch Verantwortlichen und Sachbearbeitern nötig. | "Wiener Zeitung":Am Dienstag wurde die Wiener Landesliste der SPÖ für die Nationalratswahl präsentiert. Wenig überraschend finden sich dort GPA-Vorsitzender Wolfgang Katzian und ÖGB-Frauenvorsitzende Renate Csörgits. Ist das ein Affront der Wiener SPÖ gegenüber der Bundespartei? | Wilhelm Haberzettl: Ich betrachte die Kandidatur von Csörgits anders als jene eines Vorsitzenden einer Teilgewerkschaft, der ja viele strategische Aufgaben hat. Ich würde es vielmehr als einen Affront gegen die Frauen sehen, wäre deren Vorsitzende nicht auf der Liste - unabhängig von der Person.
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Was ist mit Katzian?
Vorsitzende von Teilgewerkschaften dürfen nicht mehr im Nationalrat vertreten sein. Dafür gibt es Präsidiumsbeschlüsse sowohl der SPÖ als auch der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG). Katzian ist nicht an wählbarer Stelle. Anders gelagert ist der Fall von Josef Muchitsch, der in der Steiermark in einer Stichwahl für den Listenplatz gegen den Mandatsinhaber gewonnen hat. Sollte Muchitsch, der ja als Vorsitzender der Gewerkschaft Bau/Holz vorgesehen ist, im Herbst doch nicht Vorsitzender werden, sehe ich keinen Grund, warum er nicht im Parlament sein sollte.
Als FSG-Chef dürften Sie Abgeordneter sein, allerdings nicht als Vorsitzender der GdE. Werden Sie auf die Bundesliste gehen?
Das weiß ich noch nicht. Das müssen wir intern noch klären, ob es notwendig ist, dass der FSG-Chef im Nationalrat sitzt. Im übrigen werde ich ab Dezember nicht mehr Vorsitzender einer Teilgewerkschaft sein. Ich werde bei der Vida, die durch Fusion aus GdE und Handel, Transport, Verkehr sowie HGPD entsteht, nicht Vorsitzender sein.
Sie geben den Vorsitz der Eisenbahner ab?
Nein, denn die Vida wird drei Sektionen haben: Verkehr, Soziale und Sonstige Dienstleistungsberufe. Mein Ziel ist es, die Sektion Verkehr zu leiten. Ich habe in den mehr als sieben Jahren als Eisenbahnerchef viel erreicht. Obwohl ich nicht im Nationalrat war, habe ich immer zu verkehrspolitischen Fragen Stellung nehmen können. Meinungsbildung kann auch auf einer anderen Ebene erfolgen.
Warum wollten Sie eigentlich nicht ÖGB-Präsident werden?
Ich fühle mich dazu nicht berufen, das passt nicht in meine Lebensplanung. Ich bin auch jetzt in einer Funktion, die ich nicht wollte (FSG-Chef, Anm.).
Ist Rudolf Hundstorfer Ihrer Meinung nach geeignet als ÖGB-Präsident?
Ich gehe davon aus, dass die Seele der Österreicher nicht sehr veränderungsbedürftig ist. Wenn Hundstorfer im Jänner antritt, wird er auch gewählt werden. Glauben wir doch nicht, dass ein einzelner die Gewerkschaft führen kann. Da braucht es ein gutes Team. Im übrigen muss beim ÖGB-Kongress im Jänner eine Mittelfristplanung vorliegen, wie der ÖGB Neu im Jahr 2011 beim nächsten Kongress ausschauen soll und mit welchen Mitteln das zu erreichen ist. Ich finde, wir brauchen politisch Verantwortliche und Sachbearbeiter, die deren Entscheidungen umsetzen.
Sollten die politisch Verantwortlichen gewählt werden?
Ich bin für die Direktwahl des Präsidenten, aber nur, wenn der ÖGB stark ist. Das wäre mein Wunsch, darunter müsste die Autonomie der Teilgewerkschaften nicht unbedingt leiden. Dann wünsche ich mir aber auch eine Direktwahl in der Wirtschaftskammer, damit die Sozialpartner auf gleicher Augenhöhe sind. Bei der Wahl der ÖGB-Funktionäre muss man sowohl Regionen als auch Berufssparten berücksichtigen.
Die ÖGB-Bilanz steht noch aus, soll aber sehr triste ausschauen.
Dazu kann ich gar nichts sagen. Ich weiß nur, dass die Unterlagen noch in der Nationalbank sind und die Bilanz ohne diese nicht erstellt werden kann.
Ergänzen Sie bitte diesen Satz: Wenn es den ÖGB nicht gäbe . . .
. . . müsste man ihn neu erfinden. Die Probleme der heutigen Arbeitnehmer sind aber anders, nämlich europäisch, wenn nicht international. Man muss daher viel stärker auf internationaler Ebene wirken und Sparten gemeinsam betrachten.
Sie sind auch Gesundheitsfunktionär, woran krankt es?
Erstens darf mit einer Reform nicht so lange gewartet werden, bis der wirtschaftliche Druck übermächtig wird. Derzeit schieben wir die Milliarden an Schulden im Sozial- und Gesundheitsbereich nur hin und her. Ein Ansatz wäre die Einführung des Telematik-Systems, das viele Mehrfachuntersuchungen unnötig machen würde. Dadurch könnten acht Prozent gespart werden. Das hat aber viele Gegner.