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Österreich wählt seine Kammern und die Regierung muss Wahlhelfer spielen.
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Wien. "Wir alle leben im IT-Zeitalter, da gibt es die Reset-Taste, die drücken wir heute, sodass wir uns auf das konzentrieren, was für Österreich wichtig ist."
Dieser Appell von ÖVP-Chef Michael Spindelegger ist bei zwei Präsidenten des Landes gut angekommen, bei Wirtschaftskammer-Boss Christoph Leitl und Arbeiterkammerboss Rudolf Kaske. Wegen der Kammerwahlen heuer (AK) und im nächsten Jahr (WKO) haben sie die Reset-Taste gedrückt und sind zurück an den Start gegangen - in die Zeit vor der Regierungsbildung. Nach der Wahl ist vor der (Kammer-)Wahl. So forderte Kaske mit Verve eine Vermögenssteuer als hätte die ÖVP nie "Njet" dazu gesagt; als hätte die SPÖ im Sinne des Koalitionsfriedens nie schon am Beginn der Verhandlungen darauf verzichtet; als wäre realpolitisch nichts unwahrscheinlicher bis 2018 als eine Steuer auf Immobilien, Barvermögen, Wertpapiere und Firmenbeteiligung, die laut Kaske jährlich bis zu fünf Milliarden Euro bringen soll. Realistischer ist da noch eine Erbschaftssteuer, aber selbst auf die hat SPÖ-Chef Werner Faymann vorerst verzichtet.
Kaskes Wahl-Botschaft im scheinbar regierungsfreien Raum: "Es gibt keine Ausreden mehr. Eine spürbare Lohnsteuersenkung (finanziert durch Vermögenssteuern, Anm.) ist machbar." Sagt die Regierung, ein Nulldefizit 2016 hat Priorität, kostet das Kaske nur ein müdes Lächeln.
Schwenk in Leitls regierungsfreien Raum. Dort stehen Forderungen, das Regierungsprogramm zu ändern - das Leitl für die ÖVP selbst mitverhandelt hat. Anstatt seiner Partei zu danken, dass sie die verhasste Vermögenssteuer aus dem Programm draußen hielt, setzt er dem eigenen Parteichef wegen vergleichsweise kleinen Änderungen oder besser gesagt "Präzisierungen" bei der GmbH light das Messer an. Und er stichelt weiter, obwohl Spindelegger um 45 Millionen nachbessert, 2016 die Gesellschaftssteuer kippt und einer zweiten Langzeitforderung von Leitl, den Handwerkerbonus, verspricht. Doch Funktionäre und Neos sitzen ihm im Nacken, deswegen zieht Leitl in kleinen Details nun sogar mit der AK an einem Strang. "Wir sind immer aufgeschlossen", sagt Kaske. Denn auch er hat noch so manchen kleinen Wunsch in petto, auch wenn die Vermögenssteuer außer Reichweite ist. Im Wahlkampf herrscht gutes Karma zwischen Kammern. Kann die Regierung da nur noch reagieren? Nein. So wie Kaske keine rote Rebellion anzettelt, wenn die Vermögenssteuer in der Schublade bleibt, wird Leitl Spindeleggers ausgestreckte Hand am Schluss ergreifen. Denn die "Arbeiter" haben in der SPÖ mittlerweile weniger Hausmacht als die Pensionisten; und die ÖVP zeigte mit der eigentlich nicht leistbaren Anhebung der Familienbeihilfe, dass sie notfalls das Thema Familien vor den Standort stellt.
Doch ihre Präsidenten wollen die Parteien natürlich halten. So bleibt die Politik im Dauerwahlkampfmodus - wie das halt so ist in einer Präsidialrepublik.