Zum Hauptinhalt springen

Hacklerpension könnte Antrittsalter senken

Von Karl Ettinger

Politik
Die meisten Österreicher nutzen den frühestmöglichen Antrittszeitpunkt zur Pension.
© Unsplash/Alexey Savchenko

Nach der Finanzkrise 2008 gab es in den Folgejahren keinen verstärkten Zugang in den Ruhestand. Die Beschäftigungsquote bei den 60- bis 64-Jährigen ist seit 2014 deutlich gestiegen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Rund 3700 Menschen, zum allergrößten Teil Männer, haben im ersten Quartal dieses Jahres für den Neuzugang in den Ruhestand die abschlagsfreie Frühpension nach 45 Arbeitsjahren mit 62 ("Hacklerregelung") genützt. Das war ungefähr die Hälfte aller neuen Pensionisten, wie aus bereits bekannten Daten der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) für unselbständig Erwerbstätige hervorgeht. Dieser Trend zur Hacklerfrühpension steht den Bestrebungen der türkis-grünen Bundesregierung und auch früherer Regierungen entgegen, das tatsächliche Pensionsantrittsalter in Österreich zu erhöhen. 2019 ist das durchschnittliche Antrittsalter der Männer von 61,3 auf 61,1 Jahre sogar leicht gesunken. Heuer droht entgegen dem erklärten politischen Ziel ein weiteres Absinken.

Die Pensionsexpertin des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Christine Mayrhuber, verweist gegenüber der "Wiener Zeitung" darauf, dass 2020 der Effekt der abschlagsfreien Pensionierung nach 45 Beitragsjahren für Männer relevant werde: "Damit könnte aus diesem Titel das Antrittsalter gedämpft werden." Zur Frage, ob nun aufgrund der Corona-Krise verstärkt Pensionsantritte zu erwarten seien, betont Mayrhuber: "Generell sehen wir, dass in Österreich überwiegend der frühestmögliche Antrittszeitpunkt genommen wird."

Pensionsantritt kurzfristig aufgeschoben

Die Möglichkeit des Pensionsantritts ab 62 nach 45 Arbeits- beziehungsweise Beitragsjahren ist im September des Vorjahres knapp vor der Nationalratswahl beschlossen worden. Diese Form der Hacklerfrühpension ist für Arbeitnehmer, Bauern und Selbständige seit 1. Jänner dieses Jahres in Kraft. Für Beamte erfolgen beim Antritt des Ruhestandes mit 62 hingegen Pensionsabzüge, wie das von 2014 bis Ende 2019 auch für die gesetzliche Pensionsversicherung gegolten hat.

Experten schließen allerdings nicht aus, dass die Chance, seit Beginn des heurigen Jahres die Hacklerfrühpension ab 62 zu nützen, zumindest kurzfristig sogar einen anderen Effekt hat und das Antrittsalter etwas steigen könnte. Grund dafür ist: Eine beträchtliche Zahl an Neupensionisten hat den in den vergangenen Monaten 2019 bereits möglichen Antritt des Ruhestandes um einige Monate aufgeschoben, weil sie gewusst hat, dass heuer keine Pensionsabschläge mehr fällig werden. Sie können damit nach derzeitigem Gesetzesstand ihre Pension dauerhaft bis zum Lebensende ohne Kürzungen erhalten.

764 Arbeitnehmer haben laut PVA die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt und damit ihren Ruhestand hinausgezögert, um sich im letzten Quartal 2019 die Pensionsabschläge zu ersparen. Damit hat sich auch das durchschnittliche Pensionsantrittsalter leicht erhöht. Offen ist, wie stark sich dieser Effekt auf das ganze heurige Jahr gerechnet tatsächlich auf das durchschnittliche Pensionsantrittsalter auswirken wird. Nach diesem kurzfristigen Effekt wird allerdings durch die Hacklerfrühpension ein Sinken des Pensionsantrittsalters erwartet. Deswegen ist von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in der türkis-grünen Bundesregierung bereits eine Reparatur der Hacklerregelung angedacht worden, dann aber von der Corona-Krise ganz in den Schatten gestellt worden.

Nach der Finanzkrise 2008 war 2009 und 2010 laut Wifo-Expertin Mayrhuber in den Pensionsversicherungsträgern insgesamt betrachtet kein verstärkter Zugang zur Pension beobachtbar. "In Relation zur Bevölkerung traten in der Kohorte der 60- bis 64-Jährigen 2008 exakt 8,3 Prozent in eine Alterspension über. 2009 waren es 9,2 Prozent und 2010 dann 8,6 Prozent", erläutert sie im Rückblick. Interessanterweise sei 2008/09 auch die Beschäftigungsquote der 60- bis 64-jährigen Frauen und Männer von 13,2 Prozent auf 13,6 Prozent gestiegen, unterstreicht sie.

Allerdings ist der Anteil der Erwerbstätigen an der jeweiligen Bevölkerungsgruppe in der Gruppe der 60- bis 64-Jährigen im vergangenen Jahrzehnt vor allem nach der Verschärfung der Hackerregelung im Jahr 2014 - damals wurde das Pensionsantrittsalter von der SPÖ-ÖVP-Regierung schlagartig von 60 auf 62 Jahre angehoben - deutlich gestiegen. 2014 lag der Anteil der Erwerbstätigen bei den 60- bis 64-Jährigen bei 16,9 Prozent, im Jahr 2015 waren es dann 19,9 Prozent. Dieser Trend einer steigenden Erwerbstätigkeit bei 60- bis 64-Jährigen setzte sich seither fort. Im Vorjahr lag der Anteil bereits bei 28,2 Prozent.

Im Jahr 2018 relativ mehr unerledigte Anträge

Grundsätzlich warnt die Wifo-Expertin allerdings, die Veränderung des durchschnittlichen Pensionsantrittsalters der Männer im vergangenen Jahr und somit den Rückgang um 0,2 Jahre auf 61,1 Jahre in den PVA-Daten "mit Vorsicht" zu interpretieren. Denn Veränderungen habe es einzig bei den krankheitsbedingten Pensionen gegeben, also bei den Invaliditätspensionen der Arbeiter und den Berufsunfähigkeitspensionen der Angestellten. In diesem Bereich der krankheitsbedingten Pensionen habe es 2018 weniger Pensionszuerkennungen in Relation zu den Anträgen gegeben.

Zugleich habe man aber am 31. Dezember 2018 relativ mehr unerledigte Anträge verzeichnet als in den Vorjahren. 2019 habe es dann hingegen mehr Zuerkennungen krankheitsbedingter Pensionen gegeben, die üblicherweise das durchschnittliche Pensionsalter drücken. Damit könnte, so gibt Mayrhuber zu bedenken, beim Rückgang um 0,2 Jahren beim durchschnittlichen Pensionsalter auch die vermehrte Erledigung von Anträgen mit eine Rolle spielen.