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Haddad, die Mörderin Scheherezades

Von Alexander U. Mathé

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Eine Libanesin hat ein Magazin gegründet, das sich den Themen Körper, Poesie und Erotik widmet. Fundamentalistische Gruppen kämpfen dagegen an.


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"Als ich zum ersten Mal ein Gedicht gelesen habe, hat sich das angefühlt, als würde mir jemand mit seinen Fingernägeln den Körper entlang fahren. Ich war zwölf Jahre alt." Für Joumana Haddad ist Poesie eng mit Erotik verbunden. Umso mehr schmerzt es die 39-jährige Libanesin, dass diese Affinität in der arabischen Welt zurückgedrängt wurde. "Die arabische Sprache wurde im Laufe der Jahrhunderte regelrecht kastriert und ihrer Fähigkeit beraubt, frei über Erotik und Sexualität zu sprechen", bedauerte sie einmal in einem Interview. Arabische erotische Literatur nehme nur in dem Maße zu, als man sich zeitlich dem Mittelalter nähere. Dominiert sei die Thematik ohnedies von Männern. Diesen Zustand zu durchbrechen, war und ist ihr stets das größte Anliegen.

Als im Dezember 2008 erstmals in Beirut das Magazin "Jasad" erschien, sorgte es für heftige Kontroversen. Übersetzt heißt es "Körper", herausgegeben sowie finanziert wird es von Haddad und widmet sich - wie der Titel vermuten lässt - dem menschlichen Körper. "Reine Pornografie", ereiferten sich Sittenhüter und griffen mit ihrer Kritik völlig daneben. Erotische Gedichte, künstlerische Aktbilder, aphrodisische Rezepte oder auch die Auswirkung von Drogen auf den Körper, das sind Inhalte des vierteljährlich erscheinenden Journals. Dennoch wird es bekämpft. "Die Fundamentalisten haben mich beschuldigt, der Teufel zu sein", erklärte Haddad. Islamische Gruppen versuchen bis heute, "Jasad" verbieten zu lassen, scheitern aber sowohl am Innen- als auch am Informationsminister, die Haddad die Stange halten. "Dabei kann man sogar den Playboy im Libanon kaufen!", ärgert sie sich.

Doch den produzieren andere, das ist der verfallene Westen. Eine arabische Frau hingegen, die auf Arabisch ein Erotikmagazin herausgibt, das lässt manch einen fürchten, dass seine Kultur ausgehöhlt wird. Auffällig ist dabei nur, dass "Jasad" ausgerechnet im sittenstrengen Saudi-Arabien viele Abonnenten hat.

Haddad selbst stammt aus einer konservativ-katholischen Familie. Doch wenn es um die Unterdrückung der Frau geht, sind Islam, Christentum und Judentum für sie einerlei. Alle drei Religionen haben ihr zufolge dieselbe Haltung gegenüber der Frau: im besten Fall bevormundend, ansonsten feindselig.

Mit dieser Thematik hat sie sich auch in ihrem letztes Jahr erschienen Buch befasst: "Wie ich Scheherazade tötete: Bekenntnisse einer zornigen arabischen Frau". Haddad kämpft dabei sowohl gegen das orientalische als auch das westlichen Bild von arabischen Frauen. Der Gedanke, dass die Frau einen Mann 1000 und eine Nacht lang einlullen muss, ist ihr unerträglich, dass sie sich ihm unterwerfen muss, nur um leben, studieren oder reden zu dürfen. Ebenso hat sie genug davon, dass arabische Frauen als Projektionsflächen für Orient-Fantasien herhalten müssen oder nur im Lichte von Unterdrückung wahrgenommen werden. Gleichzeitig räumt sie ein, dass diese Unterdrückung an der Tagesordnung steht. Vielleicht ist diese Zerrissenheit Ausdruck ihres inneren Kampfes um Selbstbefreiung, oder wie sie einmal sagte: "Ich bin noch immer dabei, die Frau zu werden, die ich gerne sein möchte."

Geschrieben hat Haddad das Buch auf Englisch. Und auch wenn es bereits in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, so fehlt noch die wohl wichtigste Sprache: Arabisch. Das soll sich schon bald ändern. Das Erscheinen war noch für diesen Monat geplant.*