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Häfenstudenten

Von Petra Tempfer

Politik

Der Uni-Campus in Krems will das Areal der Justizanstalt Stein für sich.


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Krems. Noch sind es Gefangene, die durch die Gänge der Justizanstalt Stein in Niederösterreich wandeln. Noch. Denn geht es nach den Plänen des benachbarten Uni-Campus in Krems, werden es künftig Studenten sein. Durch die ständig wachsende Zahl an Studierenden herrscht in den drei Bildungseinrichtungen des Campus akute Platznot. Konkret sind das die Donau-Universität Krems mit bald 9000 Studenten, die FH mit rund 2200 sowie die Karl Landsteiner Privatuniversität mit etwa 570 Studenten. Und es werden jährlich mehr.

"Es ist nicht mehr die Frage ob, sondern wann wir auf das Areal der Justizanstalt expandieren werden", sagt Ulrike Prommer, Geschäftsführerin der FH Krems, zur "Wiener Zeitung". Prommer hofft, dass in den nächsten zwei, drei Jahren konkrete Entscheidungen getroffen werden. Bis die ersten Studenten einziehen, könnten noch bis zu zehn Jahre vergehen. "Wir sind immer an räumlichen Entwicklungen gemeinsam mit den Partnern am Campus Krems interessiert", heißt es auch von der Donau-Uni.

"Einzige Ausweichmöglichkeit"

Daran, in die Justizanstalt auszuweichen, führt laut Prommer kein Weg vorbei. Denn das 60.000 Quadratmeter große Areal mit aktuell 703 Häftlingen liege genau zwischen Campus und der Kunstmeile Krems. Es sei die einzige Ausweichmöglichkeit. Auf der hinteren Seite grenzt der Campus an die Weinberge - und diese eignen sich aufgrund der Hanglage nicht zur Expansion.

Auf die letzten bebaubaren Flächen sei man bereits ausgewichen: In der Vorwoche wurde der Grundstein für das Gebäude der Karl Landsteiner Privatuniversität auf angrenzenden, ehemaligen Weingarten-Gründen gelegt. Bisher waren die Studierenden der Privatuniversität, die erst 2013 zum Campus dazustieß, in den Räumlichkeiten der Donau-Uni und der FH untergebracht.

Die FH gibt es seit 21 Jahren, die Donau-Universität seit 20. Vor zehn Jahren schloss man sich zum Campus zusammen. Und die Justizanstalt? Die gab es schon lange vorher. Sie stammt aus 1870 - aus einer Zeit, in der dort, wo heute Studierende ein und aus gehen, noch Weinreben wuchsen.

Die Justizanstalt war also zuerst da. Die FH hat sich dazugebaut. Muss die Ältere jetzt vor der Jüngeren weichen? "Grundsätzlich hätten wir kein Problem damit, wenn man uns woanders eine neue Justizanstalt hinbaut", heißt es dazu aus dem Justizministerium, Besitzer des Areals in Stein. Denn das Geld für ein neues Hochsicherheitsgefängnis mit modernsten Sicherheitsvorkehrungen habe man definitiv nicht. "Das würde 250 Millionen Euro kosten", sagt der Leiter der Vollzugsdirektion, Peter Prechtl. Zudem hätte man Unsummen damit in den Sand gesetzt. Genau genommen die Kosten für die laufenden Renovierungsarbeiten. Vor kurzem wurden erst die Küche und die Wäscherei erneuert, sagt Prechtl. Bis 2016 sollen die Nassräume in den Hafträumen nachgerüstet werden. Seit 1970 habe man rund 100 Millionen Euro in Sanierungsarbeiten investiert. "Ein Gefängnis wird ja in einer derartigen Intensität genutzt und abgenutzt, das ist mit keinem anderen Gebäude vergleichbar", sagt Prechtl. "365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag - und selten geht jemand vorsichtig mit dem Inventar um."

Und noch etwas könnte bei einem Einzug der Studenten problematisch werden: Teile der Justizanstalt - die Klosterkirche und der zentral gelegene Zellentrakt - stehen unter Denkmalschutz. Alles nicht so schlimm, sagt dazu Prommer, man sehe ja am bestehenden Campus, wie sich Alt und Neu vereinen ließen: Ein Teil der Donau-Universität residiert in der revitalisierten ehemaligen Tabakfabrik Krems-Stein, einem charakteristischen Industriebau des beginnenden 20. Jahrhunderts.

Wer zahlt neue Justizanstalt?

Bleibt noch immer die Frage der Finanzierung eines neuen Gefängnisses. Der Bund hat das Geld offenbar nicht. Der Bürgermeister von Krems will weder den Campus noch die Justizanstalt verlieren. "Grundsätzlich ist der Ausbau des Campus Krems wertvoll für unsere weitere Entwicklung als Bildungs- und Kulturstadt", sagt Reinhard Resch (SPÖ) auf Nachfrage der "Wiener Zeitung". Genauso habe die Justizanstalt als Wirtschaftsfaktor erhebliche Bedeutung, wenngleich hier kein zeitgemäßer Strafvollzug mehr möglich sei. Resch: "Wenn eine Lösung gefunden wird, die Justizanstalt in Krems oder im Nahbereich der Stadt zu halten, werde ich sie unterstützen."