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Hafez: Freiheit, Gleichheit und Intoleranz

Von Wolfgang Taus

Politik
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Kai Hafez sieht "instabile Angstgesellschaft".
© Transcript Verlag

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Den europäischen demokratischen Rechtsstaaten fehlt es trotz aller Lippenbekenntnisse an ausreichender Toleranz gegenüber Minderheiten - insbesondere den Gemeinden mit islamisch geprägtem Migrantenhintergrund.

Der deutsche Politikwissenschafter Kai Hafez geht den brennenden Gesellschaftsfragen unserer Zeit auf den Grund. Ein wesentliches Hauptproblem liberaler Demokratien in Europa sei die Tatsache, dass in der bürgerlichen Gesellschaft islamfeindliche Haltungen, die als eine spezifische Form von Rassismus zu kennzeichnen seien, äußerst verbreitet sind, schreibt der Autor. Wenn eine Mehrheit nicht an die Verfassungstreue einer Minderheit glaube und wenn sich die Minderheit in hohem Maße diskriminiert fühlt, "dann leben wir in einer instabilen Angstgesellschaft", folgert Hafez. Während nur eine Minderheit sich offen zu Rassismus und Gewalt bekenne, glaube der überwiegende Teil der Mehrheitsgesellschaft, der Islam an sich sei gewaltsamer als das Christentum und nicht vereinbar mit westlichen Werten und westlicher Kultur. Das sei grober Unfug, so Hafez.

Jenseits aller egozentrisch bedingter Abwehrhaltungen bis hin zur Gewaltbereitschaft auf beiden Seiten müsse es gelingen, die im Westen lebenden muslimischen Gemeinden in die liberale demokratische Rechtsstaatlichkeit zu integrieren. Zentral für eine breite Verankerung liberaler Werte im Rahmen einer multikulturellen Wissensbasis ist das Verhältnis von Werten zu Wissen und Bildung. Gerade hier müsse mehr geschehen. Es braucht eine Neuerfindung der "liberalen Gesellschaft" - im Sinne eines aufrichtigen Dialoges der Politik, der Bürger, der Medien, Wissenschaft, Schule und Kirchen mit- und untereinander. Nur auf diese Weise können trennende Mauern eingerissen werden.

Kai Hafez: Freiheit, Gleichheit und Intoleranz - Der Islam in der liberalen Gesellschaft Deutschlands und Europas. Transcript Verlag, 370 Seiten, 30,70 Euro.