Europarat übt Kritik an slowakischen Gefängnissen. | Bratislava. Das Anti-Folter-Komitee des Europarats hat in seinem vierten Bericht über Gefängnisse in der Slowakei wiederholt Kritik am Verhalten von Polizeibeamten bei Festnahmen und dem Umgang mit Verhafteten auf Revieren geübt. Die Beobachter monieren insbesondere die gängige Praxis, U-Häftlinge beispielsweise an Rohre anzuketten. Über praktische Schlussfolgerungen aus dem Bericht hat die "Wiener Zeitung" mit Viliam Figusch, Leiter des Europarat-Büros in Bratislava, gesprochen.
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"Wiener Zeitung": Was sind die wichtigsten Kritikpunkte an den slowakischen Haftbedingungen? Viliam Figusch: Längst nicht alle Reviere sind räumlich so ausgestattet, dass Festgenommene in eigens für sie geschaffenen Zellen untergebracht werden. Das ist inakzeptabel. Darüber hinaus geht es nicht an, wenn sich in den Gefängnissen Inhaftierte gleich reihenweise ausziehen müssen oder dort bei Routinegängen Hunde eingesetzt werden.
In slowakischen Medien wurde immer wieder auf die Kritik des Europarats an der schlechten Behandlung von inhaftierten Roma hingewiesen. Was findet sich dazu im Anti-Folterbericht?
Ich bin den Bericht gezielt auf Roma-Häftlinge und Rassismus hin durchgegangen und habe nur einmal etwas dazu gefunden. Konkret ging es um Misshandlungen minderjähriger Verdächtiger in Koice, die für die später vom Dienst suspendierten Beamten auch strafrechtliche Konsequenzen hatte. Der Bericht zeigt allgemeine Zustände auf. Wenn er nur Roma beträfe, wäre er sicher auch weniger wirkungsvoll, weil man hier gewissermaßen schon an Kritik zum Umgang mit Roma gewöhnt ist.
Welche Reformschritte sind Ihrer Ansicht notwendig?
Zum einen kann man strengere Maßstäbe bei der Auswahl von Polizisten anlegen, das betrifft vor allem die Überprüfung ihrer spezifischen beruflichen Eignung. Außerdem muss es Verbesserungen in der Ausbildung geben, die Beamten müssen wissen, was erlaubt ist und was nicht. Hier werden schon Schritte unternommen, die hiesigen Behörden verweisen auf internationale Kooperationen bei der Polizistenausbildung, die noch bis 2011 laufen. Schließlich müssen sich die alltäglichen Bedingungen verbessern, unter denen Polizisten arbeiten.
Was können die Polizisten selbst tun?
Sie müssen dringend ihr Verhalten bei Festnahmen ändern, oft agieren sie schlichtweg grob. Das liegt sicher auch daran, dass die Beamten ihre Aufgabe vor allem repressiv und kaum präventiv begreifen. Außerdem lassen sich soziale Vorurteile feststellen: Sobald ein mutmaßlicher Delinquent einen Titel führt oder der Polizeieinsatz in ein gehobenes Umfeld führt, sind die Beamten viel umgänglicher.
Im Jahr 1995 waren die hiesigen Gefängnisse erstmals Gegenstand eines Berichts. Seither hat es einige Fortschritte gegeben, wenngleich wesentliche Mängel bleiben. Trotz aller Kritik muss man feststellen: Gegen Gefangene wird immerhin keine körperliche Gewalt mehr angewandt.
"Slowakische Beamte agieren bei Festnahmen schlichtweg grob."