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Hagiografie eines Herzogspaares

Von Christina Böck

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Während am Donnerstag auf Netflix der zweite Teil der Dokuserie über Harry und Meghan anlief, feierte die restliche Royal Family in Westminster Abbey eine Weihnachtsfeier. Während Harry von seiner Abspaltung von der Familie erzählte, stand das Fest in London ausgerechnet unter dem Motto "Togetherness", also Zusammenstehen. Man könnte diese Dualität als Beweis für einen der Vorwürfe des Prinzen sehen: die Methode der "Firma", Medien mit Geschichten zu füttern, die von anderen, negativen Geschichten ablenken. Sündenbock sei Meghan geworden. Man kann es aber auch als Beweis andersrum sehen. Denn der Termin der Weihnachtsfeier war seit sechs Wochen bekannt, der der Netflixdoku hingegen nicht. Nur eine Seite hatte hier die Möglichkeit ’reinzugrätschen. Hat Prinz Harry mit dem Timing den Palast mit den eigenen Waffen schlagen und positive PR für Vater, Bruder und Schwägerin torpedieren wollen?

Spekulieren - das ist es, was man auch nach Durchsicht aller "Harry & Meghan"-Folgen machen muss. Denn schlussendlich ist es nur eine einseitige, sehr amerikanische Hagiografie des Herzogspaars. Die gerade an ihrer betonten Authentizität am meisten krankt. Denn dass die beiden selbst in intimen Momenten stets einen Fotografen irgendwo in der Ecke stehen hatten, der wie zufällig aussehende Hochglanzbilder von der Situation machte, lässt das Gesehene wie ein Hollywood-Liebesdrama wirken. Wenn man aber seine Richtigstellung an die Welt wie Fiktion aussehen lässt, dann bleibt die Glaubwürdigkeit auf der Strecke.