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Hahnenkampf mit Langzeitfolgen

Von Walter Hämmerle

Politik

Dunkle Wolken sind über der erfolgsverwöhnten steirischen ÖVP aufgezogen und drohen, die Aussichten auf die im kommenden Jahr stattfindenden Landtagswahlen zu verdüstern: Ein erbitterter Machtkampf zwischen zwei Männern erschüttert die Partei von Landeshauptfrau Waltraud Klasnic. Gerhard Hirschmann, einstiger Querdenker, und Herbert Paierl, Wirtschaftslandesrat, haben sich offenbar entschlossen, ihre langjährige wechselseitige persönliche Abneigung bis zur letzten Konsequenz öffentlich auszutragen. Mittel zu diesem Zweck ist die steirische Landesenergiegesellschaft EStAG.


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Zur Vorgeschichte: Paierl und Hirschmann, die beiden Protagonisten in diesem Drama, verbindet ein langer gemeinsamer Weg. Beide waren sie zu hoffnungsvoller Erwartung Anlass gebende Ziehsöhne des legendären steirischen Landeshauptmanns Josef Krainer II., beide erklommen sie die Karriereleiter in bewundernswerter Gleichzeitigkeit. In den Anfangsjahren soll, so wollen es die mittlerweile zahlreichen Hobby-Psychologen dieser steirischen Männerfeindschaft herausgefunden haben, auch der Keim für den nun eskalierenden Konflikt liegen.

Dessen weit reichende Folgen haben mit der Entwicklung der letzten Monate längst das Ausmaß einer leidigen Privatfehde überschritten. Das geschah ab dem Zeitpunkt, wo der scheinbar amtsmüde Landesrat Hirschmann der Politik den Rücken kehrte und als Vorstand in die EStAG wechselte, deren Eigentümervertreter Wirtschaftslandesrat Paierl ist. Denn kaum hier angekommen, machte es sich Hirschmann zur selbst gestellten Aufgabe, die Missstände in dem seit jeher vom Proporz geprägten landeseigenen Unternehmen aufzudecken - und die dafür politischen Verantwortlichen beim Namen zu nennen. Mit der Absetzung gleich aller drei EStAG-Vorstände samt Klage Hirschmanns auf Wiedereinstellung, der Ernennung einer neuen interimistischen Unternehmensleitung und der Installierung eines Untersuchungssausschusses im Landtag fand dieser Hahnenkampf unter Parteifreunden nun seinen vorläufigen Höhepunkt.

Alle warten auf ein Machtwort Klasnics

Während sich SPÖ, FPÖ und Grüne nun entweder entspannt zurücklehnen oder genüsslich noch zusätzlich Salz in die Wunden der Volkspartei streuen - so "wundert" sich SPÖ-Chef Franz Voves in Inseratenform, wie man denn nur einen so fähigen Mann wie Hirschmann seitens der ÖVP einfach fallen lassen kann -, steigt langsam der Druck auf Landeshauptfrau Klasnic. Beobachter und Medien warten mittlerweile sehnsüchtig auf ein Machtwort der "Landesmutter", das die beiden Streithähne zur Vernunft bringen soll.

Doch Klasnic selbst zögert noch. Sie will zuerst die Ergebnisse der U-Ausschusses abwarten und dann erst Antworten geben. Das Schwierigste in der Politik sei es oft, so erklärte sie am vergangenen Dien-stag, auch lange genug schweigen zu können - "nach außen, nicht nach innen", wie sie nicht vergaß, ergänzend hinzuzufügen. Wen von den beiden sie damit gemeint hat - Paierl, der mit einer emotionsgeladenen Erklärung tags zuvor vor die Presse getreten war, in der er unbestimmt von "bösartigen Intrigen" erzählte, oder den sich selbst als Aufdecker inszenierenden Hirschmann - blieb aber offen.

VP-Generalsekretär Reinhold Lopatka, ehemals steirischer Klubobmann, bringt die Natur dieses Konflikts - und damit auch das Dilemma Klasnics - gegenüber der "Wiener Zeitung" auf den Punkt: "Wie soll sie zwei Männern über 50 sagen, was diese zu tun haben?" Klingt hier für einen Moment fast so etwas wie Resignation durch, stellt Lopatka im nächsten schon wieder auf Vorwärtsverteidigung um, indem er an die Mitverantwortung der SPÖ in Sachen EStAG-Missstände erinnert.

Davon will man im Büro von LH-Stv. Franz Voves jedoch nur bedingt etwas wissen. In den vergangenen drei Jahren habe Paierl als Eigentümervertreter völlig versagt, die VP sei gelähmt - und dies schade dem Land. Allerdings, so betonte Voves von Beginn an, werde man nicht anstehen, zur vollen Aufklärung beizutragen, sollte der U-Ausschuss zum Ergebnis kommen, auch SP-Vertreter in der EStAG hätten das ihre zu den Missständen beigetragen. Für den Moment jedoch sei der Rücktritt Paierls unerlässlich.

Mit dieser Frage muss sich auch Klasnic beschäftigen. Denn spätestens im Oktober 2005 steht ihr eigenes politisches Schicksal auf dem Spiel.