Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, die gestern Vormittag vorzeitig aus den USA zurückgekehrt ist, kündigte vor Beginn des Bundesparteivorstandes Konsequenzen nach der schwersten Krise in der FPÖ seit Regierungsantritt an. Jörg Haider bestätigte, dass er "sicher nicht" in den Koalitionsausschuss zurückkehren wird.
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Die FPÖ versuchte am Sonntagnachmittag, die innerparteilichen Wogen der letzten Tage zu glätten. Nach Vorgesprächen der Parteispitze trat der Parteivorstand mit einer Stunde Verspätung zusammen, um einen Ausweg aus den Turbulenzen zu finden.
Bei ihrer Rückkehr aus den USA bekräftigte die Vizekanzlerin, dass es nach den öffentlich ausgetragenen Streitereien zwischen Westenthaler und Haider Konsequenzen geben werde. Wie diese aussehen könnten, sagte Riess-Passer nicht. Ohne Namen nennen zu wollen, kritisierte sie Personen ihrer eigenen Partei. Es hätten einige "aus einer Mücke einen Elefanten" gemacht. Das Ganze sei eine der unnötigsten Debatten bisher in der FPÖ.
Vor Beginn der Krisensitzung meinte der von Journalisten dicht bedrängte Kärntner Landeshauptmann, auf die Frage, ob er in den Koalitionsausschuss zurückkehren werde: "Sicher nicht." Er werde aber noch öfter nach Wien kommen.
Die Kärntner FPÖ wolle nach der Sitzung des Bundesparteivorstandes beraten, ob sie sich tatsächlich nach dem Vorbild der CSU in Bayern von der Bundespartei abspalten wird, hatte Haider noch am Samstag erklärt und gegenüber der "Kronen Zeitung" Bedingungen für seinen Rücktritt vom Rücktritt genannt: Maximale Geschlossenheit in der Partei und auch der Koalitionspartner müsse "Farbe bekennen, wie er seine (Haiders, Anm.) politische Tätigkeit" beurteile.
Der Vorarlberger Landeschef und Partei-Vize Hubert Gorbach, der vorher gemeint hatte: "Jörg Haider ist immer gewünscht und wertvoll, aber es geht auch ohne ihn", gab sich vor Sitzungsbeginn wortkarg. Allgemein wurde in Beobachterkreisen mit einer Ablöse von Klubobmann Peter Westenthaler gerechnet. Westenthaler selbst, der alleine zur Sitzung kam, hat jede Stellungnahme verweigert.
Mit einer heftigen Kritik am Kärntner FP-Chef Martin Strutz meldete sich dagegen Finanzminister Karl-Heinz Grasser vor dem FPÖ-Vorstand zu Wort. Strutz "ist mir nicht ernst zu nehmend genug, dass ich ihn kommentiere". Das sei einer jener Politiker, wegen denen er 1998 zwischenzeitlich aus der Politik ausgeschieden sei. Hintergrund: Strutz hatte am Freitag Grasser und Westenthaler für den angekündigten Rückzug von Haider verantwortlich gemacht. Grasser sprach sich gegen Personalwechsel aus.
Die ÖVP schweigt seit Freitag zu den parteiinternen Differenzen ihres Koalitionspartners. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ließ lediglich durch seine Sprecherin verlauten, dass er die Entscheidung des Kärntner Landeshauptmannes zur Kenntnis nehme. Dessen Rückzug betreffe "in erster Linie die FPÖ". Nach dem FPÖ-Bundesparteivorstand werde es ein Treffen der Regierungsspitze geben.
Die Opposition übt weiter heftige Kritik. Der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Caspar Einem sprach von einem Scherbenhaufen. FPÖ-Klubobmann Josef Cap hatte zuvor von einer Regierungskrise gesprochen. Der stellvertretende Grüne Klubchef Karl Öllinger sieht in den Vorgängen in der FPÖ eine "groteske und absurde Befindlichkeitsbeschau".