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Informationen an Kabinett geliefert. | Politische Fragen nicht zugelassen. | Schlaff zu Kasino Jericho befragt. | Wien. Richard Lugners Opernballgast Dita von Teese hätte ob des enormen Medienandrangs wohl die Flucht ergriffen. Ein halbes Dutzend Fernsehkameras und rund 20 Fotografen standen Spalier, als Herwig Haidinger den großen Schwurgerichtssaal im Wiener Landesgericht betrat. Auch das Besucherinteresse war groß wie lang nicht mehr im Bawag-Prozess, als der frühere Chef des Bundeskriminalamts (BKA) seinen ersten öffentlichen Auftritt seit Beginn der Affäre rund um das Innenministerium absolvierte. Der große Knalleffekt blieb allerdings aus.
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Richterin: "Wir sind nicht der U-Ausschuss"
Noch bevor Haidinger zu Wort kam, stellte Richterin Claudia Bandion-Ortner klar, dass ihr Gerichtssaal keinesfalls eine Tribüne für "politische Zwistigkeiten" sei. Fragen hätten sich ausschließlich auf eine eventuelle Einflussnahme auf die Ermittlungen des BKA zu beschränken. Bandion-Ortner: "Wir sind nicht der Untersuchungsausschuss."
Die Frage nach politischen Einflussnahmen auf die ermittelnde Sonderkommission stellte die Richterin dann ohne Umschweife gleich selbst. Eine Weisung oder den Wunsch der Ressortleitung, in eine bestimmte Richtung zu ermitteln oder nicht, habe es nicht gegeben, so Haidinger. Allerdings sei er aufgefordert worden, die Fallführung vom BKA zur Wiener Polizei zu verlegen. Dem sei er jedoch nicht nachgekommen, da die Wirtschaftsabteilung des BKA für solche Fälle zuständig sei, erklärte der 54-Jährige.
Haidinger räumte jedoch ein, Informationen und Ermittlungsergebnisse an das Kabinett der verstorbenen Innenministerin Lise Prokop weitergegeben zu haben. Dabei hätten sich die "Kabinettsmitarbeiter" vor allem für Geldflüsse von der Bawag zur SPÖ interessiert. Er habe die Informationen zunächst pflichtgemäß geliefert, dann allerdings festgestellt, dass diese zum Teil umgehend in die Medien gelangten. Daher habe er keine Ermittlungsergebnisse mehr weitergegeben. Auch Termine für die Ladung von Verdächtigen habe er dem Kabinett nicht mehr übermittelt, nachdem vor Ort Journalisten auf die Geladenen gewartet hätten.
Ob dem ÖVP-Klub Unterlagen übermittelt wurden, bevor sie in den parlamentarischen Untersuchungsausschuss gekommen seien, wollte Bandion-Ortner wissen. "Ich habe denen keine Unterlagen übermittelt, weil für mich klar war, das mach ich nicht", antwortete Haidinger.
Damit hatte sich die Richterin selbst die einzige politische Frage des Tages erlaubt, denn Fragen, wer von Haidinger die Informationen verlangt hatte, ließ sie unter Verweis auf laufende Ermittlungen gegen ehemalige Mitglieder des Prokop-Kabinetts wegen Amtsmissbrauchs und Verletzung des Amtsgeheimnisses nicht zu. Diese Informationen seien für das laufende Verfahren nicht relevant. Ganz anders sahen dies die Anwälte von Helmut Elsner und Ex-Aufsichtsratschef Günter Weninger, Wolfgang Schubert und Richard Soyer. Wer welche Ermittlungsergebnisse an die Medien weitergegeben habe, sei deshalb entscheidend, da dadurch eine regelrechte "Propaganda" (Schubert) gegen die Angeklagten angezettelt und die Unschuldsvermutung verletzt worden sei, so die Anwälte.
Bombe nicht geplatzt, Prozess geht weiter
Nach einer Stunde durfte Haidinger gehen. Die befürchtete Bombe ist nicht geplatzt. Hätte der Ex-BKA-Chef nämlich eine politische Einflussnahme auf die Ermittlungen bestätigt, wäre der Prozess wohl oder übel geplatzt und die Causa Bawag hätte von vorne aufgerollt werden müssen. Nun darf jedoch weiterverhandelt werden.
Als zweiter Zeuge war am Dienstag der Unternehmer Martin Schlaff (bereits zum zweiten Mal) geladen. Schlaff gab Auskunft über das Kasino-Projekt der Bawag mit den Casinos Austria und Schlaffs MS-Privatstiftung in Jericho. Nach Beginn der zweiten Intifada musste die Spielhölle 2000 geschlossen werden. Trotzdem hatte die Bawag die Beteiligung nicht abgeschrieben, sondern von fünf auf 120 Millionen Dollar aufgewertet - für den Staatsanwalt eine Bilanzfälschung. Schlaff zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass das Kasino eines Tages wiedereröffnet werden kann. Die selbe Hoffnung hegten auch die Bawag-Vorstände und hielten die Beteiligung aufrecht.