Sechs Jahre nach dem "Nein" des Volkes zu Zwentendorf erlebte Österreichs SP/FP--Regierung 1984 ein zweites, noch eruptiveres "Erdbeben" aus den Tiefen der "Basis": Ein weiteres Kraftwerks-Großprojekt wurde aufgrund zu erwartender Umweltschäden von großen Teilen der Bevölkerung abgelehnt. Jene Politiker, die geglaubt hatten, diesmal einer lästigen Volksabstimmung aus dem Weg gehen zu können, wurden rasch auf den kalten Boden der Realität zurückgeholt: Die bedrohte Au wurde kurzerhand besetzt - und verteidigt.
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Ersten größeren medialen Widerhall fand das Thema "Hainburg" am 7. Mai, als der Journalistengewerkschafter Günther Nenning als "Auhirsch" zur "Pressekonferenz der Tiere" rief. Als tierische Mitstreiter traten neben dem kritischen Universitätsdozenten Bernd Lötsch (heute Museumsdirektor) und der späteren Grünen-Vorsitzenden Freda Meissner-Blau auch der FPÖ-Jugendchef Hubert Gorbach (heute Minister), sein ÖVP-Kollege Othmar Karas (heute EU-Abgeordneter), der Literat Peter Turrini oder der mittlerweile verstorbene VP-Stadtrat und Vordenker Jörg Mauthe verkleidet auf.
Ihre Botschaft: Ein geplantes Wasserkraftwerk östlich von Wien würde den gesamten Öko-Haushalt des letzten intakten Au-Gebietes der Donau rund um Hainburg nachhaltig stören und die Au mittelfristig austrocknen.
Regierung und Energiewirtschaft ließen daher nichts unversucht, Medien wie Bevölkerung vom Kraftwerksprojekt zu überzeugen. Denn auch in den eigenen Reihen regte sich angesichts des "Lucona-Skandals" um Udo Proksch und seines Parvenue-Vereines "Club 45" der Widerstand gegen allzu selbstgefälliges Auftreten. Der damalige NÖ-Landesrat Ernest Brezovsky hatte schließlich die unangenehme Aufgabe, über das Projekt im Naturschutzverfahren zu entscheiden. Er wurde damit wohl zu einer der tragischsten Figuren der ganzen Auseinandersetzung: Als sein positiver Bescheid Ende November erschien, ging ein Sturm der Empörung durch die mittlerweile bereits stark angewachsene Au-Schützer-Gemeinde.
Zelte, Bagger, Schläge
Als kurz darauf Baumaschinen samt Rodungs-Trupps in die Stopfenreuther Au einrückten, begannen einige hundert Demonstranten mit der Au-Besetzung: Sie sperrten Zufahrten, errichteten Lager, ein paar Verwegene übernachteten sogar in Zelten, obwohl es einige Grade unter Null hatte. Es kam zu ersten Zusammenstößen mit der Exekutive, die zum Schutz der Bau-Trupps aufmarschierte.
"Kurier" und "Krone" streiten heute noch, wer die Sache nun wirklich "angezettelt" hat, Tatsache ist, dass "die paar Berufsprotestierer ohne Medien keine Chance gehabt hätten", ist sich Ex-Innenminister Karl Blecha nach wie vor sicher. Die fast täglichen Scharmützel lockten tausende Demonstranten aus allen gesellschaftlichen Schichten in die Au, jeder Verletzte wurde mit einem Aufschrei der Medien quittiert. Gewerkschafter riefen zur "Gegenbesetzung" der Au auf und charterten bereits Sonderzüge in ganz Österreich. Am 19. Dezember schließlich spitzte sich die Lage bedrohlich zu, als es im Zuge der gewaltsamen Au-Räumung durch die Exekutive zahlreiche Verletzte und Verhaftete (auch Journalisten) gab. Rund 40.000 empörte Österreicher demonstrierten darauf hin am Heldenplatz. Bundeskanzler Sinowatz pilgerte angesichts dieser verfahrenen Situation in die Au und schloss den "Weihnachtsfrieden". Das Projekt wurde auf Eis gelegt, die Grün-Bewegung lebte auf und 1996 eröffnete der Nationalpark.