Heimo Halbrainer (Hg.): Zwei Tage Zeit. Herta Reich und die Spuren jüdischen Lebens in Mürzzuschlag. Clio. Verein für Geschichts-und Bildungsarbeit, Großgrabenweg 8, 8010 Graz. Tel 0316/35 71 94, e- | mail: Clio@gewi.kfunigraz.ac.at
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Im obersteirischen Mürzzuschlag lebten 1938 nur drei jüdische Familien. Die Geschichte ihrer Vertreibung und Ermordung ist jetzt in einem schmalen Band dokumentiert worden.
Herta Reich, geborene Eisler, Tochter eines Textilkaufmanns, die heute in Israel lebt, gehörte zu den wenigen Juden in Mürzzuschlag, die völlig assimiliert lebten. Nach einer ersten Verhaftung im
August 1938 versuchte sie, illegal nach Belgien zu emigrieren, wurde jedoch festgenommen und wieder ins Deutsche Reich abgeschoben. Die sogenannte Kristallnacht erlebte sie in Wien, Vater und Bruder
wurden ins KZ Dachau deportiert, das Geschäft der Eltern arisiert. Nach seiner Freilassung aus dem KZ lebte Vater Eisler mit seiner Familie in Wien. Hertas Bruder Erich emigrierte nach Schweden,
Herta selbst versuchte per Schiff nach Palästina zu entkommen. Sie gehörte zu dem sogenannten Kladovo-Transport, der im Herbst 1939 in Jugoslawien hängenblieb. Herta, die während dieses Aufenthalts
einen jungen polnischen Juden, Romek Reich, kennenlernte, den sie später heiratete, war eine der wenigen, die von diesem Transport überlebten. Über Italien kam sie auf abenteuerlichen Wegen 1944 nach
Palästina, wo auch ihre Eltern Zuflucht gefunden hatten. Die jüngere Schwester Lilly war bei der Sprengung des illegalen Einwandererschiffes ums Leben gekommen.
Hertas Eltern kehrten nach dem Krieg nach Mürzzuschlag zurück und mußten sich mit Arisierern und behörden um ihren gestohlenen Besitz herumstreiten, wie auch die Erben der zweiten jüdischen
Kaufmannsfamilie Haas, deren Eltern 1942 nach Minsk deportiert und ermordet worden waren.
Der von Heimo Halbreiner herausgegebene Band ist ein wichtiges Dokument lokaler Zeitgeschichte, das am Beispiel einiger weniger aufzeigt, wie Arisierung, Vertreibung und Ermordung im Einzelfall vor
sich gingen und wie schwer es die Opfer nach 1945 hatten, wieder zu ihrem Recht zu kommen.