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Die Bevölkerung im Mittelmeerland spart überall, um über die Runden zu kommen. Für viele bedeutet das: kein Urlaub, auch nicht im eigenen Land.
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Der Juni ist da, der Sommer ist da, aber die Hälfte der Griechen hat ihre Urlaubspläne wegen der niedrigen Löhne und Gehälter in Kombination mit den hohen Preisen im eigenen Land aufgegeben. Dies ergab eine nun veröffentlichte Umfrage des Griechischen Forschungsinstituts für Konsumgüter und Einzelhandel (IELKA).
Laut der IELKA-Umfrage gab jeder zweite Befragte an, dass er dieses Jahr nicht in den Urlaub fahren werde. Der Grund dafür sei, dass er sich das nicht leisten könne und seine Ausgaben reduzieren müsse. Sechs von zehn Verbrauchern gaben an, dass sie in diesem Jahr insgesamt weniger Geld ausgeben werden als im Vorjahr. Vier von zehn Befragten erklärten, dass sie notgedrungen mehr als 50 Prozent weniger Geld ausgeben werden.
Laut der IELKA-Umfrage haben sich die Preissteigerungen in Griechenland massiv auf die Konsumgewohnheiten der Griechen ausgewirkt. Für zwei von drei Verbrauchern ist demnach der Preis das Hauptkriterium für die Wahl von Lebensmitteln. Dem Institut zufolge besteht bei den Verbrauchern eine klare Tendenz zum Sparen beim Kauf von grundlegenden Gütern und Dienstleistungen und in zweiter Linie beim Umgang mit Geld.
Konkret gaben 75 Prozent der befragten Griechen an, dass sie ihre Ausgaben für Restaurantbesuche sowie Reisen verringert haben. 49 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Wartungs- und Reparaturarbeiten beispielsweise an ihrem Haus oder Auto aufgeschoben haben. 54 Prozent der Befragten erklärten, dass sie ihre Einkäufe von Nahrungsmitteln und Lebensmitteln reduziert haben.
Teures Leben in Athen
27 Prozent der Befragten gaben ferner an, dass sie Geld von ihren Ersparnissen verwenden, um ihre Einkäufe zu decken. 32 Prozent haben die Zahlung von Rechnungen zudem aufgeschoben oder sogar eingestellt. Ferner gaben 17 Prozent der Befragten an, sie hätten ihre Arbeitszeit erhöht oder einen Zweitjob angenommen, um ihr Einkommen aufzubessern. Nur 9 Prozent der Bürger gaben an, sie hätten überhaupt nichts dafür getan, um dem Inflationsdruck in Griechenland zu begegnen.
Die Lebenshaltungskosten in Athen sind laut dem Online-Portal "numbeo.com" fast so hoch wie in Berlin. Grundnahrungsmittel wie Milch, Eier und Wasser sind sogar teurer. Das zehrt an der hiesigen Kaufkraft. Unter den insgesamt 27 EU-Ländern Griechenland in puncto Kaufkraft der privaten Haushalte auf dem drittletzten Platz, nur noch vor Schlusslicht Bulgarien und der Slowakei (Stand: 2022).
Fast 10 Prozent Inflation
Vor allem einkommensschwächere Haushalte leiden unter der hohen Inflation. Sie belief sich im Gesamtjahr 2022 im Schnitt auf 9,6 Prozent. Die Kaufkraft sank alleine im Jahr 2022 um 7,4 Prozent. Denn die Löhne und Gehälter in Griechenland verharrten auf einem niedrigen Niveau.
Stichwort Mindestlohn: Zum 1. April hob ihn die Athener Regierung zwar auf 10.920 Euro im Jahr an, brutto wohlgemerkt. Nach Abzug der Einkommensteuer - für die ersten 10.000 Euro beträgt sie hierzulande neun Prozent und damit 900 Euro - sowie der Sozialbeiträge bleiben davon netto genau 9.336 Euro pro Jahr übrig. Damit kommt man in den Städten sowie Touristenorten kaum über die Runden.
Griechenland ist zu einem Land der billigen Arbeit verkommen. Im Schnitt verdiente ein Single ohne Kinder in Griechenland 15.119 Euro netto pro Jahr (Stand: 2021). Das sind fast 10.000 Euro weniger als im EU-Durchschnitt und entspricht dem griechischen Lohn- und Gehaltsniveau aus dem Jahr 2004. Ein Paar mit zwei Kindern (Doppelverdiener) brachte im Schnitt 33.044 Euro netto nach Hause, so wenig wie 2003 und gut 20.000 Euro weniger als der EU-Durchschnitt (53.397 Euro).
Eine Woche Urlaub: 4.000 Euro
Unterdessen kostet der Urlaub in Griechenland immer mehr. In beliebten Touristenorten wie Santorin, Paros, Naxos, Milos oder Mykonos auf den Kykladen sowie in den Touristen-Hotspots Kreta, Korfu, Kos oder Rhodos kostet eine Übernachtung pro Zimmer rund ein Viertel mehr als noch 2019. Ein gegrillter Fleischspieß, das Souvlaki, ist zudem nicht unter vier Euro zu haben, auf Mykonos sind dafür sogar mehr als zehn Euro zu berappen. Getreu dem Motto: "Teuer, teurer, Griechenland." Für eine vierköpfige Familie kostet eine Woche Urlaub im eigenen Land etwa 4.000 Euro - Transportkosten, Übernachtungen und Verpflegung inklusive. Für die Hälfte der Griechen ist das schlicht unbezahlbar.