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Hallo, hier Goethe

Von Edwin Baumgartner

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Zu Beginn seiner "Werther"-Lesung im Theater in der Josefstadt bat Heribert Sasse, die Mobiltelefone auszuschalten. Hat nichts genützt. "Gehen Sie ruhig ran, vielleicht ist es Goethe", kommentierte Sasse. Der Mann muss es wissen.

- Ja, hallo, hier Wappler, Kunibert Wappler.

- Hallo, Herr Wappler, hier Goethe, Johann Wolfgang von Goethe. Wieso gehen Sie eigentlich ans Telefon?

- Sie haben doch eben angerufen.

- Und Sie sitzen in der Lesung meines Romans "Die Leiden des jungen Werther" mit dem von mir überaus geschätzten Herrn Sasse. Den kenn’ ich, der sagt immer, man soll die Handys ausstellen. Haben Sie überhört, hm?

- Äh ...

- Ich wette, eine SMS haben Sie heute Abend auch schon geschickt.

- Nein, echt, wirklich nicht.

- Facebook-Statusmeldung?

- Herr Goethe, ich bitte Sie ...!

- Seien Sie ehrlich!

- (kleinlaut:) Facebook schon ...

- Vorlesen!

- Ich will lieber nicht ...

- Ich bin Goethe. Vorlesen!

- Sz m Tr, Wrtr, m s sfd.

- Nicht nuscheln, Herr Wappler, sie sitzen zwar in der Josefstadt, aber Sie sind nicht der Hans Moser. Bitte klar und deutlich.

- Sitze im Theater, Werther, mir ist saufad.

- Sie Banause. Das war mein letzter Anruf. Wir sind geschiedene Leute. Adieu, Herr Wappler.

- Wiederschauen, Herr Goethe.

Immerhin: eine Möglichkeit. Die Vermutung, dass die Mitzi-Tant’ fragen wollte, ob sie morgen lieber einen Gugelhupf oder einen Apfelstrudel zur Jause machen soll, liegt indessen näher.