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Hallo Wien, wir haben ein Problem

Von Walter Hämmerle

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Langsam sollten der Politik eigentlich die Ausreden ausgehen, sie ist nämlich umzingelt. Das ist allerdings kein Rat zum Aufgeben. Eher schon das Gegenteil.


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Wäre Österreich ein Raumschiff, verloren im Weltall, läge die Lösung aller Probleme auf der Hand: Ein Funkspruch gen Erde à la "Houston, wir haben ein Problem". Nur leider ist Österreich kein Raumschiff. Und nirgendwo findet sich ein Problemlöser, an den sich die Bürger wenden könnten mit dem schönen Satz: "Hallo Wien, wir haben ein Problem."

Sagen wir fast nirgendwo. Immerhin sickert die bange Befürchtung, mit unserem politischen System könnte irgendetwas, womöglich sogar etwas Gröberes, nicht stimmen, doch langsam in unser Bewusstsein durch. Dabei ist man selbst oft hin- und hergerissen zwischen den Extremen: Ist Österreich jetzt tatsächlich schon ein Failing State im Anfangsstadium oder doch nur ein Land, dessen Bewohner ihre Neigung zum elaborierten Jammern auf hohem, ja höchstem Niveau exzessiv ausleben?

Nicht einmal der Vergleich, ansonsten ein untrügerisches Mittel, sich Gewissheit über objektive Tatsachen zu verschaffen, sorgt für Sicherheit. Tatsächlich gibt es weltweit allenfalls eine Handvoll Staaten, die es punkto Lebensqualität, Wohlstand und sozialer Sicherheit mit Österreich aufnehmen können.

Das Problem ist, dass sich dieses positive Lebensgefühl immer weniger mit der Sinnkrise des politischen Systems in Einklang bringen lässt. Tatsächlich driften beide Welten, die sozio-ökonomische wie die politische, weiter auseinander. Was wird geschehen, wenn sich die beiden, konkretisiert in Wählern und Politikern, nur noch an jenem Tag X begegnen, der vom Wahltag zum Zahltag aller Zornigen, Frustrierten und Enttäuschten mutiert - und dem alle anderen einfach fernbleiben?

Unpraktischerweise ist die Problemlage verworren. Individuelles mischt sich mit systemischem Versagen, die Institutionen blockieren sich mindestens so sehr wie die persönlichen Netzwerke. Und dem Bürger als Souverän wird seine angestammte Rolle als Deus ex Machina verwehrt, weil sein Urteil im Dickicht der Kompetenzverwirrungen entweder ignoriert oder bis zur Unkenntlichkeit verzerrt wird.

Dass es so nicht - oder wenn, dann nur schlecht - weitergehen kann, dieses Gefühl rückt dem innersten Kreis der Politik allerdings immer näher.

Kommenden Freitag veranstaltet die Arge Zukunft der Demokratie der Österreichischen Forschungsgemeinschaft ihre Auftaktkonferenz. Im Dachfoyer des Wiener Juridicums (Schottenbastei 10-16) durchmessen Experten die Problemzonen der Republik. Mastermind der Arge Zukunft der Demokratie ist der Politologe Reinhard Heinisch. Beginn ist um 9 Uhr. Die Teilnahme aktiver Politik wäre wünschenswert.