Die isolierte radikal-islamische Gruppierung appelliert an alten Freund Iran um Unterstützung.
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Gaza/Teheran/Wien. Angesichts der aktuellen Gaza-Krise läuten in der Führungszentrale der Hamas im katarischen Doha die Alarmglocken. Es müssen dringend neue politische, logistische und mentale Unterstützer gefunden werden. Neben Katar und der Türkei, die mit der radikalislamistischen Organisation ausgezeichnete Verbindungen haben, richtet sich das Augenmerk aber vor allem auf die ehemalige Schutzmacht Iran.
Bereits am Montag erschien ein Statement der Hamas, in dem Teheran als ehemaliger Geldgeber und Hauptunterstützer darum gebeten wurde, "der Welt vor Augen zu halten, was in Gaza derzeit passiert". Nachsatz: Die internationalen Strafgerichte sollten vor allem auf die "Massaker" der israelischen Offensive im Gaza-Streifen mit den vielen zivilen Opfern, darunter viele Kinder und Frauen, hingewiesen werden. Dass die Hamas den derzeitigen Konflikt selbst entzündet hat, wird mit keinem Wort erwähnt.
Neben dem offiziellen Statement hört man aus informierten Kreisen, es habe einen regelrechten "Telefon-Marathon" zwischen Doha und Teheran gegeben. Das Ziel ist klar: Dieser Hilfeschrei ist eine Bitte an den Obersten Geistlichen Führer Ayatollah Ali Khamenei, ein Machtwort zu sprechen.
Der Exil-Chef der Hamas, Khaled Mashal , will wohl in der jetzigen Situation auch an den Gemeinschaftsgedanken appellieren ("besonders im Fastenmonat Ramadan sollten alle Muslime eng zusammenrücken") und vergessen machen, dass die Hamas im Zuge des syrischen Bürgerkriegs sämtliche Verbindungen zum engsten Freund Teherans, der Regierung in Damaskus, gekappt und sich auf die Seite der sunnitischen Rebellen gestellt hatte. Der Iran reduzierte daraufhin seine Hilfsleistungen auf ein Minimum, die Beziehungen kühlten deutlich ab. Der Sitz der Exilführung der Hamas wurde von Damaskus nach Doha verlegt - und Katar übernahm die Funktion Teherans.
Trotz all dem blieb die Bitte der Hamas nicht ungehört. Bereits am Mittwochvormittag schaltete sich der offizielle Iran in den Konflikt ein. Der wichtigste politische Berater Khameneis, Ali Akbar Velayati, forderte, dass Ägypten sofort wieder den geschlossenen Grenzübergang Rafah öffnen solle, um die Palästinenser mit wichtigen Gütern versorgen zu können. Dieser Forderung schlossen sich die Parlamentspräsidenten Katars, der Türkei und des Iran nach einer Krisensitzung an.
Das ist zwar kein offizielles "Ja" Teherans, die Hamas wieder zu hofieren, aber zumindest ein Signal, nicht untätig bleiben zu wollen. Am Mittwoch hat aber auch der iranische Außenminister Javad Zarif mit Mashal telefoniert und sich über die Lage erkundigt. Die Suche nach einer Lösung im Konflikt bleibt dennoch ein Teufelskreis. Während sich die Hamas gegen Ägypten als Vermittler wehrt und Kairo als "Schutzmacht Israels" sieht, lehnt Israel wiederum die Türkei und Katar als Mediatoren ab. Viel mehr wirft die Führung in Jerusalem diesen Ländern vor, die "ernsthaften Friedensbemühungen Kairos" zu sabotieren.
Und der Iran sieht seine Stunde gekommen, um den ägyptischen Vorschlag (erst werden die Waffen niedergelegt, dann wird alles andere besprochen) zu torpedieren und "den zionistischen Einfluss einzudämmen". Hierfür wird auch eine Wiedererstarkung der Hamas ins Auge gefasst.