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Hamastan und Fatahstan: Niemand denkt noch an Drei-Staaten-Lösung

Von Georg Friesenbichler

Analysen

Eine Zwei-Staaten-Lösung war das klassische Modell, das am Ende des Konflikts zwischen Israel und Palästina stehen sollte. Nun scheinen plötzlich drei Staaten entstanden zu sein, und der Konflikt geht statt seinem Ende einem neuen Anfang entgegen.


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"Hamastan" nennen israelische Kommentatoren schon den unter völlige Kontrolle der Radikalislamisten geratenen Gaza-Streifen, und in dem Ausdruck schwingt eine gehörige Portion Angst mit.

Einem Sicherheitsberater fiel dazu nur ein, dass der schmale Küstenstreifen als "feindliches und gefährliches Gebilde betrachtet und auch so behandelt werden" müsse. So ist Israel mit den Palästinensern schon bisher umgegangen. Nach dem Abzug aus dem Gaza-Streifen wurde das Gebiet ignoriert und boykottiert. In Jerusalem wollte man nicht erkennen, dass bei den Arabern vielfältige Fraktionen, Clans und Interessensgruppen existieren - und dass es dem Großteil der Bevölkerung vor allem darauf ankommt, in Ruhe, Sicherheit und Würde leben zu können. Dass diese Umstände nicht berücksichtigt wurden, ist nicht der einzige Grund für die Radikalisierung, hat aber doch gehörig dazu beigetragen.

Wo ein Hamastan existiert, kann ein Fatahstan nicht weit sein. 45 Kilometer würden die beiden Länder voneinander entfernt liegen, mit Israel dazwischen. Noch ist Fatahstan besser bekannt unter dem Namen Westjordanland oder Westbank, gespickt mit jüdischen Siedlungen. Aber in der Hauptstadt Ramallah hat Fatah-Chef Abbas das Sagen, und erste Festnahmen von Hamas-Anhängern deuten daraufhin, dass er seine Position nicht aufzugeben gedenkt.

Für einen Kommentator der "Jerusalem Post" bietet diese Situation auch Chancen: Im Westjordanland könnte Israel endlich einen Ansprechpartner finden, mit dem über eine Friedenslösung verhandelt werden könnte. Dazu müsste es das Abbas-Regime durch Freigabe der einbehaltenen Gelder, Öffnung der Handelsbeziehungen und Kooperation mit Fatah-Mitgliedern stärken. Auch manche Palästinenser träumen davon, die Westbank zu einem sozialen, wirtschaftlichen und institutionellen Modellstaat zu machen und so vielleicht eines Tages zu einer "Drei-Staaten-Lösung" zu kommen.

Wie optimistisch dies gedacht ist, zeigen nicht nur die wütenden Leserreaktionen auf den "Post"-Kommentar. Auch die Fatah hat in ihrem Lager, besonders innerhalb der Al-Aksa-Brigade, Extremisten, die das Existenzrecht Israels leugnen. Und weil in beiden getrennten Gebieten trotz aller Differenzen Palästinenser leben, wäre "Hamastan" ein ständiger Unruheherd für Israel und das Westjordanland gleichermaßen. Der Westen hat den zahlreichen Warnungen vor der nun eingetretenen Situation offenbar nie recht glauben wollen. Hilflos muss er zur Kenntnis nehmen, dass die Zwei-Staaten-Lösung vorläufig tot ist. Seite 7