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Hamburg feiert die Elbphilharmonie - ein Erfolg mit Nachhall?

Von Marco Büscher

Gastkommentare

Nach Modern Talking und Scooter ein weiterer Welterfolg "made in Hamburg", der polarisiert?


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"Hyper, Hyper!" - "Cheri, Cheri Lady." Millionenerfolge "made in Hamburg". Wenn man polarisiert, wird man wahrgenommen. Dieter Bohlen und H.P. Baxxter, die zu Deutschlands erfolgreichsten Musikern der vergangenen Jahrzehnte gehören, wissen, wie man das macht. Stimmen das Marktgespür und das Marketing, stimmt die Kasse, auch in Hamburg, dem "Tor zur Welt". Musik in Hamburgs Ohren: Hafen, Schiffe, Handel, Flair, Szene, Medien, Reeperbahn, Internationalität.

Nun ist sie nicht mehr nur Fassade, sondern soeben feierlich eröffnet worden: die Elbphilharmonie, deren Architektur die Schweizer Herzog & de Meuron lieferten. Das Klangdesign, das weltweit unvergleichlich sein soll, entwickelte der japanische Star-Akustiker Yasuhisa Toyota. Gekostet hat der Bau die Hansestadt nun 789 Millionen Euro. "Hamburger Grössenwahn" titelte die "Neue Zürcher Zeitung" einige Tage vor Eröffnung der Elbphilharmonie. Hanseaten sind keine Kleinkrämer.

Allerdings sah die Planung einer Machbarkeitsstudie vor Baubeginn noch Kosten für Hamburgs Steuerzahler von nicht mehr als 77 Millionen Euro vor. Man hat sich verrechnet. Immerhin um mehr als eine Null, um mehr als den Faktor 10, mithin um Steuergelder. Gleich ob unkalkuliert, unterkalkuliert oder am Steuerrad überfordert: Die Auftraggeber waren keine Schiffskapitäne oder Hamburger Unternehmer von Weltruf, keine Reeder, scheinbar auch nicht die während der langen Bauzeit der Elbphilharmonie mit vielen Milliarden Steuergeldern gerettete HSH-Nordbank, als weltweiter Schiffsfinanzierer wohl "too big too fail".

Die Hamburger Bürger haben zugesehen

Nach Albert Einstein gilt: "Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden, jedoch nicht einfacher." Die Hamburger Politik und Bürgerschaft hat es sich nicht einfach gemacht? Die Hamburger Bürger haben mehrheitlich zugesehen. Wirksame Demonstrationen gegen die neue Musikhalle für 789 Millionen Euro - obgleich Hamburg bis dato nicht ohne Musikhalle war - gab es nicht. Das passierte auch nicht bei der Rettung der HSH-Nordbank, wohl gerade weil Hamburg viele Reeder und Schiffe hat. Immerhin sind nun 789 Millionen Euro für alle sichtbar verbaut und nicht in einer Bank versickert.

Für Bundespräsident Joachim Gauck musste die Elbphilharmonie "als Traum und als Albtraum, als Weltstar und als Witz, als Blamage und als Wunder" herhalten. Immerhin ist die neue Musikhalle für das nächste halbe Jahr vorgeblich so gut wie ausverkauft. Hamburg durfte nun seinen neuen Konzertsaal feiern, mit lokalem Eröffnungsprogramm an einem gewöhnlichen Hamburger Jänner-Mittwoch, bei Regenschauern und stürmischen Böen. Wären dort - an einem Samstag zur Primetime - live Madonna, Katie Melua samt Orchester, Lang Lang am Klavier, Paul McCartney oder Sir Simon Rattle aufgetreten: Die Jungfernfahrt der Elbphilharmonie hätte in den News weltweit medial wohl für mehr als eine Milliarde Menschen erreichen können. Das wäre ein Erfolg "made in Hamburg" gewesen, mit Nachhall.