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Handel mit Signalwirkung

Von Martyna Czarnowska

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Das EU-Abkommen mit Moldawien hat neben der wirtschaftlichen auch eine politische Bedeutung.


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Auf die Reise- soll die Handelsfreiheit folgen. Moldawien, das zwischen Rumänien und der Ukraine eingezwängte Land, will sich von seinem Bestreben, näher an die Europäische Union zu rücken, nicht abhalten lassen. Und von der anderen Seite wird es darin durchaus unterstützt. Nach der Aufhebung der Visumpflicht für moldauische Bürger bei Reisen in die Union hat das EU-Parlament einem Annäherungsabkommen mit der ehemaligen Sowjetrepublik zugestimmt. Der Vertrag schafft die Basis für eine Freihandelszone - und so mancher sieht darin auch einen Schritt Richtung Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Gemeinschaft.

Den politischen Kräften in Chisinau, die für eine Anbindung an die EU werben, kommt das Votum in Brüssel jedenfalls zum richtigen Zeitpunkt. Denn Ende des Monats stehen in Moldawien Parlamentswahlen an, und die Politiker können ihren Landsleuten die Zusagen aus dem Westen vermitteln. Das Abkommen soll nicht nur den Handel erleichtern, sondern auch die Investitionen in der verarmten Region ankurbeln. Zwar müssen es noch die nationalen Abgeordnetenhäuser der Mitgliedstaaten ratifizieren, was bisher erst in Rumänien, Bulgarien, Litauen, Estland, Lettland, Malta und der Slowakei geschehen ist. Doch bereits jetzt werden die Vereinbarungen großteils umgesetzt. So kann Moldawien schon seit Anfang des Jahres seinen Wein ohne Zölle auf dem europäischen Binnenmarkt verkaufen, und andere Produkte folgten.

Die Zusammenarbeit geht aber darüber hinaus. Die Europäische Investitionsbank hat in den vergangenen Jahren Kredite im Umfang von fast 600 Millionen Euro gewährt, vor allem für Projekte in Landwirtschaft und Infrastruktur. Sie will sich auch weiter engagieren: Vor wenigen Wochen hat sie eine eigene Filiale in Chisinau eröffnet.

Die Unterstützung im Rahmen der so genannten östlichen Partnerschaft soll ebenfalls fortgesetzt werden. Im Vorjahr sind aus den EU-Fördertöpfen 35 Millionen Euro nach Moldawien geflossen. In den kommenden Jahren sollen sich die Mittel auf etwas mehr als 400 Millionen Euro summieren.

Es geht bei all dem aber auch um ein politisches Signal der Europäer. Denn ähnlich wie die benachbarte Ukraine ist auch Moldawien zerrissen zwischen Hoffnung auf den Westen und den Erwartungen an Russland. Ein Teil des Landes hat schon vor zwei gut zwei Jahrzehnten seine Entscheidung getroffen: Transnistrien hat sich für unabhängig erklärt und unterhält enge Beziehungen zu Russland.

Moldawien musste umgekehrt für seine Annäherung an die EU bezahlen. Kurz nach der Unterzeichnung des Abkommens mit der Gemeinschaft schränkte Russland die Fleischimporte aus der Region ein. Das Einfuhrverbot für weitere Waren, das der Kreml während der Ukraine-Krise auch für Produkte aus der EU verhängt hat, zeigt deutliche Auswirkungen auf die moldauische Exportwirtschaft: Die Ausfuhren gingen um fast ein Drittel zurück.

Russland als einen der wichtigsten Handelspartner hat nun ein EU-Staat überholt. Rumänien ist heuer an die Spitze gerückt, meldete die Nachrichtenagentur Moldpres. Bis September ist das Handelsvolumen zwischen den Nachbarn auf knapp 740 Millionen Euro angewachsen.