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Handelsjobs unsicher und schlecht bezahlt

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Die Arbeitsplätze im Handel sind unsicherer als in anderen Branchen und noch dazu schlechter bezahlt. Das Risiko, in der Arbeitslosigkeit zu landen, ist um ein Drittel höher, belegt eine Wifo-Studie, die gestern von der AK präsentiert wurde.


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Die Fluktuation ist enorm: Jede zweite Anstellung wird innerhalb eines Jahres beendet. Bei den großen Lebensmittelketten werden gar 60% der Angestellten binnen eines Jahres gekündigt oder geben den Job auf.

Ein weiteres Problem sehen die Studienautoren darin, dass Vollzeitarbeitsplätze verloren gehen und durch Teilzeitarbeit oder gar nur geringfügige Beschäftigungsverhältnisse abgelöst werden. AK-Präsident Herbert Tumpel kritisiert, dass diese prekären Arbeitsverhältnisse für immer mehr Arbeitnehmer im Handel zu einem Dauerzustand werden. Leidtragende dieser Entwicklung seien vor allem die Frauen. Von den rund 496.000 Beschäftigten im Jahr 2002 waren 52% weiblich. Im Einzelhandel lag der Frauenanteil sogar bei mehr als zwei Drittel. 130.000 Handelsangestellte, das ist mehr als ein Viertel, sind nur noch Teilzeitbeschäftigte, rund 94% davon Frauen.

Bei den "Geringfügigen" sind es 76%. Diese Beschäftigungsform hat im Handel laut Wifo-Studie seit 1995 um 60% zugenommen. Der stärkste Zuwachs war 1997 anlässlich der Verlängerung der Ladenöffnungszeiten zu verzeichnen.

Für die AK ist diese Entwicklung untragbar. "Die Ausweitung der Öffnungszeiten wurde offensichtlich mit dem Verlust von Vollzeitarbeitsplätzen und oft unfreiwilliger Teilzeit teuer erkauft," kommentiert Tumpel. Dwora Stein, Bundesgeschäftsführerin der Gewerkschaft der Privatangestellten, fügt hinzu: "Wir wollen, dass Teilzeitarbeit freiwillig ist und keine Sackgasse, aus der man nicht mehr herauskommt." Die Arbeitgeber würden ihr Personal nur noch je nach Kapazität einsetzen, ein Umstieg aus der Teilzeit sei so gut wie unmöglich. Damit Teilzeit und geringfügige Beschäftigung nicht zur günstigen Varianten werden, fordern Stein und Tumpel für Mehrstunden ebenso 50%-Zuschläge wie bei Vollzeitarbeitskräften. Ein Effekt der Zunahme der atypischen Beschäftigung ist das Sinken der Löhne. Während 2000 ein Viertel aller Beschäftigten mit nicht einmal 1.150 Euro brutto (900 Euro netto) auskommen musste, waren es im Handel 40%. Diese Spirale nach unten würde sich nun auch in den Sozialtöpfen bemerkbar machen, so Stein. Die Pensionen seien ebenfalls im Fallen und für Eigenvorsorge bleibe bei den niedrigen Gehältern kein Geld.

In der Wirtschaftskammer sieht man die Lage entspannter. Hannes Mraz, Geschäftsführer der Sparte Handel, meint: "Es ist AK-Wahlkampf." Unsichere Arbeitsplätze gebe es nur im Einzelhandel, der Großteil der Mitarbeiter sei aber im Großhandel beschäftigt, wo die Fluktuation nicht so hoch sei. Die Zunahme der Teilzeit sei durch die längeren Öffnungszeiten unausweichlich gewesesen, da die Geschäfte 66 Stunden pro Woche offen haben dürfen, laut Kollektivvertrag aber nur 38,5 Stunden gearbeitet werden darf. Viele wollten auch nicht ganztags arbeiten.