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Forscher ließen Probanden zwischen Produkten wählen. | Zweifel ließen sich offenbar wegspülen. | Marne/Holstein. Soll ich mir einen neuen Wagen leisten oder mich mit einem gebrauchten begnügen? Soll ich mir diese Schuhe kaufen oder die gleich teuren, anderen? Im Alltag fällt die Wahl zwischen zwei Alternativen immer wieder schwer, wenn beide ähnlich attraktiv oder unattraktiv sind oder beide Vor- und Nachteile haben. Hat man nach langem Schwanken endlich eine Entscheidung getroffen, bleiben oft Zweifel, ob die Entscheidung die richtige war.
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Um diesem zwiespältigen Gefühlszustand, den die Psychologie "kognitive Dissonanz" nennt, zu entkommen, neigen die Menschen dazu, hinterher das aufzuwerten, was sie gewählt, und das abzuwerten, was sie nicht gewählt haben. Doch es gibt ein simples Mittel gegen solche kognitiven Dissonanzen: sich die Hände zu waschen. Zu diesem erstaunlichen Ergebnis kommen die Psychologen Norbert Schwarz und Spike Lee von der Universität Michigan. Sie berichteten darüber im Fachjournal "Science".
Die Probanden wähnten, an einer US-Verbraucherbefragung teilzunehmen. Zunächst wurden ihnen 30 CDs vorgelegt. Aus dieser Kollektion sollten sie sich ihre persönlichen Top-Ten zusammenstellen. Als Belohnung durften sie eine der beiden CDs mitnehmen, die auf ihrer Top-Ten den fünften und sechsten Rang belegten. Danach wurden die Probanden gebeten, die Qualität einer Flüssigseife zu beurteilen - wiederum angeblich im Rahmen einer Verbraucherbefragung. Während jedoch der Hälfte der Versuchspersonen nur die Seifenflaschen präsentiert wurden, durften die übrigen sich mit der Seife die Hände waschen. Schließlich wurden die Versuchspersonen aufgefordert, ein weiteres Mal eine Rangliste ihrer zehn CD-Favoriten aufzustellen.
Das Experiment ergab einen verblüffenden Befund: Jene Versuchspersonen, die bloß einen Blick auf die Seifenflaschen geworfen hatten, bewerteten die CD, gegen die sie sich entschieden hatten, erheblich schlechter, die CD aber, die sie sich ausgesucht hatten, erheblich besser als vorher. Jene Testpersonen hingegen, die die Seife zum Händewaschen benutzt hatten, bewerteten beide CDs um keinen Deut anders als vorher.
Schwarz und Lee schließen daraus, dass die Waschprozedur wahrhaftig bewirken kann, Zweifel über Entscheidungen, zu denen man sich durchgerungen hat, restlos wegzuspülen.
Kontrollversuch brachte das gleiche Resultat
Zur Überprüfung der Hypothese führten die Forscher ein weiteres Experiment durch, bei dem Marmeladensorten die CDs und antiseptische Reinigungstücher die Seifen ersetzten. Als Belohnung konnten die Teilnehmer zwischen einer kleinen Menge einer sehr guten oder einer großen Menge einer mittelmäßigen Marmelade wählen. Wieder zeigte sich, dass nur jene Probanden, die tatsächlich mit den Reinigungstüchern hantiert hatten, die verschiedenen Marmeladensorten am Ende genauso bewerteten wie am Anfang.
Schwarz und Lee müssen noch klären, ob das Händewaschen verhindert, dass getroffene Entscheidungen langfristig dennoch bereut werden. Und ob die Prozedur selbst dann hilft, wenn es um weitreichende Entscheidungen wie Heiraten, den Kauf eines Hauses oder die Wahl des Berufs geht.