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Handhabung verfassungswidrig

Von Martyna Czarnowska

Politik

Die Quotenregelungs-Praxis beim Familiennachzug ist verfassungswidrig. Dieses Urteil hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) gestern verkündet. Grundsätzliche Bedenken gegen die Quote selbst äußerte er aber nicht.


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Einen Rechtsanspruch auf Familiennachzug gibt es nur in Ausnahmefällen. Das findet auch der Verfassungsgerichtshof. Daher betonten die HöchstrichterInnen gestern abermals, dass gegen die Anwendung der Quote bei der Familienzusammenführung keine grundsätzlichen Bedenken bestünden. Doch die Handhabung der Regelung sei verfassungswidrig.

So sei weder geregelt, wie die freien Quotenplätze auf die AntragsstellerInnen verteilt werden, noch vorhersehbar, wie lange die Angehörigen auf Familiennachzug warten müssen. Ebenso wenig sei klar, wie die Betroffenen die Kriterien für eine Reihung in der Warteliste überprüfen lassen können.

Ein anderer Punkt, den der VfGH als verfassungswidrig bezeichnete, wurde bereits mit der Novelle des Fremdengesetzes saniert. Bevor dieses mit Anfang des Jahres wirksam wurde, war der Familiennachzug auch in Ausnahmefällen - die in der Menschenrechtskonvention festgelegt sind - nur im Rahmen festgelegter Quoten möglich. Mittlerweile ist die Quote keine Einschränkung, wenn etwa einem gemeinsamen Familienleben im Heimatstaat wesentliche Hindernisse entgegen stehen.

Anlassfall war die Beschwerde zweier türkischer Frauen, denen die Aufenthaltsbewilligung mit Hinweis auf fehlende Quotenplätze verweigert wurde. Die Ehemänner leben und arbeiten seit Jahren in Kärnten, besitzen unbefristete Niederlassungsbewilligungen. "In Kärnten sind rund 530 Anträge von Familienangehörigen anhängig, heuer wurde lediglich 30 Quotenplätze zur Verfügung gestellt", erklärt der Rechtsanwalt Farhad Paya. "Das bedeutet, dass Menschen bis zu 17 Jahren auf Familienzusammenführung warten müssten."

Weitere Beschwerden könnten folgen, denn die vom VfGH kritisierten Punkte in der Quotenregelungs-Praxis wurden auch durch die Novelle nicht geändert. Das Innenministerium scheint dem aber vorgreifen zu wollen. Es will den beanstandeten Paragrafen 22 Fremdengesetz sanieren. Die Anregung des VfGH werde aufgegriffen und die Handhabung der Quotenregelung verfassungsgemäß gestaltet, erklärte der Sprecher des Ministeriums, Johannes Rauch. Allerdings sollen die Länder einbezogen werden.

Opposition und Caritas sahen sich durch das Urteil in ihrer Kritik an der strengen Quotierung bestätigt. Es sei zu hoffen, "dass für die derzeit wartenden 6.000 Angehörigen eine unbürokratische Lösung gefunden wird", meinte Caritas-Präsident Franz Küberl.

Zufrieden stellend wäre für die Hilfsorganisationen aber ein weiterer Schritt: ein völliger Verzicht auf die Quote.