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Hannelore Kraft lässt ihre Muskeln spielen

Von Alexander Dworzak

Politik
Die Skepsis gegenüber Schwarz-Rot teilt Kraft mit der Basis.
© ters

SPD-Ministerpräsidentin treibt Preis für große Koalition in die Höhe.


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Berlin/Wien. "Herr Dobrindt, das nehmen Sie jetzt zurück!" Hannelore Kraft riss bei der zweiten Sondierungsrunde zwischen ihrer SPD und der konservativen Union der Geduldsfaden. Sie konterte eine Attacke des CSU-Generalsekretärs Alexander Dobrindt, der Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin eher unsanft empfahl, sie solle den Haushalt im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland in Ordnung bringen.

Dass eine schwarz-rote Koalition keine Liebesheirat werden würde, war seit Beginn der Sondierungen klar. Doch das Klima der Gespräche scheint noch frostiger als erwartet. Im Gegensatz dazu bemühten sich CDU/CSU und die Grünen, trotz ihrer Dienstagnacht offiziell gescheiterten Sondierungen, den Gesprächen positive Seiten abzugewinnen. Beide Parteien kamen sich inhaltlich näher, bei Mindestlohn oder Energiewende hat es aber keine entscheidende Annäherung gegeben.

Dagegen echauffiert sich SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles gar über eine Petitesse wie nicht vorhandene alkoholische Getränke bei den Zusammenkünften mit der Union. Die SPD ziert sich merklich, und Hannelore Kraft ist die Anführerin der Skeptiker. 90 Prozent ihres Landesverbandes seien gegen Schwarz-Rot, ließ die populäre Landeschefin bereits vor den Sondierungen wissen. Breite Teile der SPD-Basis wollen nicht nochmals, wie 2005 bis 2009, den Juniorpartner für die Union spielen - und im Anschluss bei den Wahlen abgestraft werden.

Wenn schon große Koalition, müssen die Konservativen einen hohen Preis zahlen. In Stein gemeißelt scheint für die Sozialdemokraten derzeit die Einführungen eines flächendeckenden Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde. Noch widersetzt sich die Union, verweist auf Lohnunterschiede in Ost und West und plädiert für das bestehende Modell, in dem Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände die Löhne fixieren.

Einen gesichtswahrenden Kompromiss müssen CDU/CSU und die SPD auch in der Steuerfrage finden. Die Sozialdemokraten wollen mit der Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent Infrastrukturprojekte finanzieren - keine Erhöhungen, schallt es aus der Union. Ganz zu schweigen von finanziell nicht ausschlaggebenden, aber hochsymbolischen Themen wie dem CSU-Lieblingsprojekt des Betreuungsgeldes für Heimerzieher.

Kraft kennt die inhaltliche Kluft zwischen den Parteien, weiß aber auch, dass eine Einigung nicht unmöglich ist. Zwar ist die Union auf einen Koalitionspartner angewiesen. Blockiert die SPD bis zum Äußersten, etwa bei der letzten Sondierungsrunde heute, Donnerstag, haben die Konservativen aber noch eine Trumpfkarte: den Ruf nach vorzeitigen Neuwahlen. Und die würde Merkels Partei wohl mit absoluter Mehrheit für sich entscheiden.

Feilen an Griechenland-Hilfe

Während die Parteien um eine neue Koalition ringen, werden Details des geplanten dritten Hilfspakets für Griechenland bekannt. Laut "Zeit" fehlen vier Milliarden Euro im laufenden Programm. Ein weiterer einstelliger Milliarden-Betrag soll für neue Zahlungen verwendet werden. Zudem sollen die Kredit-Laufzeiten verlängert und die Zinsen gesenkt werden, um die Schuldenlast für die Bürger zu verringern. Berlin dementierte den Bericht.