Hannes Androsch feiert am 18. April den 70. Geburtstag. Der Kreisky-Kronprinz und Industrielle über den Sonnenkönig, das Altern und die Probleme von Parteifunktionären mit der Wahrheit.
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"Wiener Zeitung": Herr Androsch, Sie sind in Floridsdorf, einem Wiener Arbeiterbezirk, aufgewachsen. Was haben Sie von Ihrer Jugend mitgenommen?Hannes Androsch: Mein Großonkel war Bauer in Südmähren, von daher habe ich gewisse Wurzeln in der Landwirtschaft. Nach seiner Vertreibung 1945 wurde er Wein-Sensal im Weinviertel. Von ihm habe ich die Weinwirtschaft kennen gelernt, lange bevor ich selbst - als Sportler war ich ja abstinent - dieses edle Getränk zu genießen begann. In Floridsdorf habe ich die Besatzung, die Jahre des Mangels und den Wiederaufbau erlebt. Das war stets ein bedeutender Bezirk für die Sozialdemokraten, mit Persönlichkeiten wie Karl Seitz, Franz Jonas oder Stadtrat Fritz Hofmann. In diese stolze Reihe durfte ich eintreten. Und schließlich spielten auch meine Eltern, die 1941 eine Steuerberatungskanzlei gründeten, eine wichtige Rolle. Von daher entstand mein Faible für Wirtschaft und Selbständigkeit.
Welchen Sport haben Sie ausgeübt, waren Sie Profi?
Ich war im Arbeiter-Turnverein und begeisterter Radfahrer und Skifahrer. Kampfsportmäßig habe ich sowohl Handball als auch Fußball betrieben. Später ist noch Tennis dazugekommen. Das ist mir neben Skifahren und dem Hometrainer geblieben, Schwimmen gehört auch noch dazu, obwohl ich nie ein guter Schwimmer wurde. Ich bin mit fünf Jahren in Piesling, Südmähren, in den Feuerwehrteich gefallen, dank eines Schutzengels konnte ich mich aber alleine retten.
Arbeiterbezirk, Arbeiter-Turnverein: Klingt nach klassischer sozialdemokratischer Sozialisation.
Zuerst war ich bei der Sozialistischen Jugend, später beim Verband Sozialistischer Mittelschüler. Mein Diplomstudium an der Hochschule für Welthandel habe ich 1959 nach sechseinhalb Semestern erworben - das ging damals noch. 1960 wurde ich zum Wiener Obmann des VSStÖ und zwei Jahre später zum Verbandsobmann gewählt. 1963 nahm ich das Angebot an, im Parlamentsklub Klubsekretär zu werden, obwohl ich die Möglichkeit hatte, zu Daimler Benz nach Stuttgart zu gehen. Im selben Jahr rückte ich auch zum Bundesheer ein. Allerdings nur in verkürzter Form, denn im Klub hat man gemeint, man brauche mich für die Budgetverhandlungen. So wurde ich mit Bescheid des damaligen ÖVP-Verteidigungsministers vorzeitig entlassen. Deshalb habe ich es beim Heer nur zum LKW-Fahrer gebracht. Als mein Vater 1965, als ich bereits eine eigene Familie hatte, starb, musste ich frühzeitig die Berufsbefugnis erwerben. Aus all diesen Gründen habe ich erst 1969 promoviert, wobei ja noch meine Nationalratstätigkeit dazu kam. 1966 wurde ich von meinem Bezirk als jüngster Kandidat auf die Liste gesetzt. Nach dem tödlichen Berg-Unfall von Rosa Weber wurde ich im Oktober 1967 zu ihrem Nachfolger bestellt und zog als bis dahin jüngster Abgeordneter in das Parlament ein. Das Weitere ist bekannt: 1970 Wahlsieg Kreiskys, Minderheitsregierung, Finanzminister...
Das klingt sehr nüchtern, konsequent, karriereorientiert. Was haben Sie eigentlich vom Revolutionsjahr 1968 als damals Dreißigjähriger mitbekommen?
Sehr wenig. Die Ereignisse von 1968 waren in Österreich nicht zu vergleichen mit dem, was in anderen Ländern wie etwa in Paris oder in Deutschland mit allen tragischen Folgen - Stichwort RAF - passiert ist. Bei uns hat die Protestbewegung dank der Reformbemühungen, die Kreisky ab 1967 auf Schiene brachte, in sublimierter Form stattgefunden.
Träumten Sie nie von einer revolutionären Utopie?
Wenn sich ein Ökonom in Illusionen, Utopien und falschen Ideologien verliert, ist er ein schlechter Ökonom. Mich hat in meiner Jugend- und Studentenzeit immer gestört, dass die SPÖ so wenig Wirtschaftskompetenz hatte, und es war kein Zufall, dass das erste Programm von Kreisky für ein modernes Österreich mit der ersten ökonomischen Versammlung im April 1967 im Palais Auersperg startete. Damit war ich in meinem Metier. Nach und nach gelang es uns, Wirtschaftskompetenz aufzubauen. Das war sicher nicht unwesentlich für den Wahlsieg 1970, die drei folgenden absoluten Mehrheiten und dass es 30 Jahre hindurch einen sozialdemokratischen Bundeskanzler und damit sozialdemokratischen Finanzminister gegeben hat.
Was hat damals einen guten Politiker ausgemacht, was macht heute einen guten Politiker aus?
Es hat sich so viel verändert. Wir sind damals in die Regierung gegangen mit Respekt vor der Beamtenschaft und Vertrauen auf deren Loyalität. Beides hat sich als richtig erwiesen. Dann sind Unsitten eingerissen. Ich glaube, es war auch ein Fehler, dass man 1983 Regierungsämter von einem Parlamentssitz getrennt hat. Das hat dem Parlament schwer geschadet und das ist in westeuropäischen Demokratien auch nicht üblich. Natürlich haben sich auch die äußeren Umstände geändert: Der Kalte Krieg ist vorbei, China, Indien und die Länder des früheren Sowjetimperiums haben ihre Selbstisolation beendet, sind in die Weltwirtschaft und auf die politische Weltbühne zurückgekehrt. Die Globalisierung ist ein unumkehrbarer Prozess, deren Chance es zu nutzen gilt. Das gilt auch für die europäische Integration. Enorme Veränderungsprozesse sind aber auch mit der Veränderung der Alterspyramide und dem technologischen Wandel verbunden. Wer hat schon vor 15 Jahren ein Mobiltelefon gehabt - und heute gibt es über sechs Millionen allein in Österreich, und weltweit über drei Milliarden, davon 400 Millionen in China.
Das ist doch schön für Sie.
Es ist gut für mich, weil eine meiner Firmen hier zuliefert - auch eine Folge der Globalisierung.
Ist das Amt des Politikers durch die größer gewordenen Probleme heute schwieriger geworden?
Es ist leichter geworden, Politiker zu werden, und schwieriger, Politiker zu sein. Sicher auch wegen der raschen Veränderungen und der Kurzatmigkeit. Der Horizont ist die Überschrift in der Zeitung von morgen. Die Komplexität der Verhältnisse, ihre Wechselbeziehungen und Folgen vergrößern die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit von Politik. Politik-Versagen mündet in Wahlmüdigkeit des Souveräns - und das ist natürlich sehr gefährlich, weil die populistischen und protestierenden Kleinparteien an Gewicht gewinnen, was erst recht wieder die politischen Abläufe erschwert. Die etablierten Parteien behelfen sich damit, aus der Hüfte in den Nebel zu schießen, und bevor der eine Vorschlag durch ist, wird er schon geändert und von einem Dritten konterkariert. Und nicht selten werden beschlossene Gesetze kurz darauf vom Verfassungsgerichtshof wieder aufgehoben. Die Lösungen für komplexe Probleme brauchen Zeit. Das gilt für die Pflege-Problematik genauso wie für die Bildungsmisere.
Die Lösung für viele Probleme liegt in Brüssel, nur müssten dazu die Nationalstaaten Macht an die EU abgeben. Das aber wiederum ist äußerst unpopulär.
Und trotzdem passiert es de facto laufend, Gott sei Dank. Der Europa-Abgeordnete Johannes Voggenhuber schrieb kürzlich zu Recht in einer Tageszeitung, diese Provinz-Posse, die sich in Österreich Innenpolitik nennt, sei nur möglich, weil durch die Politik der EU ein Schutz gewährleistet ist. Unsere EU-Aversion ist ja schizophren: Wir sind einer der größten Nutznießer der EU-Erweiterung und dennoch öffnen wir noch immer nicht unseren Arbeitsmarkt für qualifizierte Zuwanderer. Wir haben derzeit 250.000 Arbeitslose, etwa viermal so viel wie in den 70ern, und trotzdem 360.000 offene Stellen. Gleichzeitig zwingt man die Menschen in Frühpension oder Invalidenrente - beides ist mit enormen Kosten verbunden -, und für die Arbeitsmarktpolitik werden noch einmal 1,5 Milliarden ausgegeben. Wenn aber ein Betrieb wie Böhler jährlich 60 Lehrlinge aufnimmt, dann brauchen diese erst Nachhilfe in Lesen, Schreiben und Rechnen. Abgänger des Polytechnischen Lehrganges weisen ein katastrophales Bildungsniveau auf - diese Defizite ziehen sich durch das gesamte Bildungssystem.
Ist die Wahrheit den Wählern zumutbar?
Den Wählern schon, aber den Funktionären nicht!
Was kann man dagegen tun?
Es sind die Funktionäre, die die Parteichefs machen. Entweder suchen sich die Funktionäre ein anderes Volk, oder das Volk muss sich andere Funktionäre, andere Politiker suchen. Wir haben einst Wahlen gewonnen, etwa 1975, da haben wir keine Steuersenkung versprochen, sondern eine Erhöhung des Pensionsbeitrages und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer angekündigt. Das Argument war: Es ist notwendig in eurem Interesse und wer etwas anderes erzählt, versteht es nicht oder lügt. Wir sind daraufhin mit einer noch größeren absoluten Mehrheit nach Hause gegangen. Natürlich nicht in erster Linie deswegen, aber es hat den Sieg auch nicht verhindert. Um es auf den Punkt zu bringen: Wahrheit ist in der Politik eine starke Waffe.
Die aber selten eingesetzt wird.
Schon, gleichzeitig muss es aber erlaubt sein, die Meinung zu ändern, wenn sich die Dinge ändern. John Maynard Keynes hat einmal gesagt: "Wenn sich die Umstände ändern, ändere ich meine Meinung. Was machen Sie, Sir?"
Der "Trend" hat Ihr Vermögen im Jahr 2005 auf 420 Millionen Euro geschätzt - derzeit wird es wohl aufgrund der Börsenturbulenzen etwas weniger sein.
Das ist bei Börsen nichts Neues. Ich hoffe, dass es wieder einmal mehr wird, aber Vermögen und Liquidität sind ja bekanntlich zwei verschiedene Sachen.
Sind Sie ein Linker, oder anders gefragt: Kann man mit einem dreistelligen Millionen-Vermögen überhaupt ein Linker sein?
Ich bin Kosmopolit, ein österreichischer Europäer mit Wiener Wurzeln, ein Kind der Aufklärung mit sozialer Ausrichtung - und ökonomisch bin ich ein Wirtschaftsliberaler. Das ist etwas anderes als die Neo-Liberalen Hayek´scher Schule.
Sie sind Mitglied der Altkatholiken. Wie kommen Sie zu dieser christlichen Kleinkirche?
Das ist eine Folge des politischen Katholizismus der 30er Jahre, als man etwa noch obligatorisch kirchlich heiraten musste. Damals war der Beitritt zur altkatholischen Kirche quasi eine sozialdemokratische Protestmaßnahme - und ich bin ihr aus diesem Grund bis heute treu geblieben. Ich hatte in der Oberstufe einen sehr guten Religionsprofessor, der ein Freund der Familie wurde. Gleichzeitig besuchte ich, weil es sonst für mich eine Fensterstunde gewesen wäre, den katholischen Religionsunterricht. So gesehen habe ich eine überdurchschnittliche Religionsausbildung genossen.
Sind Sie ein religiöser Mensch?
Der kritische Theologe Hans Küng sagt mit Recht, es gibt keinen Gottesbeweis, aber es gibt auch nicht den gegenteiligen Beweis, nämlich dass es Gott nicht gibt. Und weil man es nicht beweisen könne, habe man auch keinen Grund, nicht zu glauben. Daran halte ich mich. Allerdings gibt es auch keinen zwingenden Grund, an Gott zu glauben. Ich respektiere das. Was mich an Religionen stört, ist ihr Anspruch auf die alleinseligmachende Wahrheit. Selbst innerhalb des Christentums gibt es das. Völlig absurd wird es, wenn dieselbe christliche Konfession bei kriegerischen Konflikten die Waffen auf beiden Seiten segnet. Das kann ein gütiger Gott nicht wollen. Schon aus diesen Gründen sind meine Zweifel groß.
In einem Interview mit der "Altkatholischen Zeitung" haben Sie gesagt, wenn man über das Menschsein an sich nachdenke, komme man zur Überzeugung, dass es jenseits von all dem, was wir wissenschaftlich erforschen können, noch etwas geben müsse: Eine Kraft, die sich unserer Vernunft nicht ganz erschließt. Das klingt nach "Intelligent Design", um einen Begriff von Kardinal Schönborn zu verwenden. Glauben Sie an die Schöpfungstheorie nach Darwin?
Der Kreationismus ist ein aufgelegter Blödsinn, darum hat ja der Papst den Wiener Kardinal ausgeschickt, um etwas Intelligenteres zu sagen. Ob das ein Design ist, weiß ich nicht - ich würde es intelligentere Public Relation nennen. Aber das befriedigt nicht. Die Wissenschaften stoßen an Grenzen, und ob sich diese je auflösen werden, kann man bezweifeln. Was war vor dem Urknall? Wir wissen es nicht. Was wird in ein paar Milliarden Jahren sein, wird die Erde dem Kältetod oder anderen Ursachen zum Opfer fallen? Da kann man sich Komfort verschaffen, indem man X einsetzt und das Gott nennt. Karl Marx hat daher Religion als "Opium des Volkes" und nicht, wie häufig falsch zitiert, "Opium für das Volk" bezeichnet. Die unbeantworteten Fragen bleiben aber auch aus dieser Sicht bestehen. Einstein meinte, "Gott würfelt nicht", also bleibe ich ein Zweifler und Rationalist.
Sie waren Politiker und sind heute Unternehmer: Welche Eigenschaft muss ein Politiker unbedingt haben?
Das ist genauso schwer oder noch schwerer zu sagen als bei einem Operntenor oder Fußballstar. Für Max Weber muss ein Politiker Leidenschaft haben, er muss Verantwortung und Augenmaß besitzen. Aber was heißt das im Konkreten? Da gibt es zahllose Möglichkeiten. Sicher muss er Engagement haben, das steckt in der Leidenschaft. Er muss über Anliegen und Zähigkeit verfügen, er soll in größeren Zeiträumen und vielfältigen Zusammenhängen denken. Aber es hat gar keinen Sinn, ein Idealprofil zu entwerfen. Wie heißt es im Film "Some like it hot" so schön: "Nobody is perfect!" Das gilt für Politiker ebenso wie für alle anderen Menschen.
Sie haben Ihren Konflikt mit Bruno Kreisky einmal als Generationenkonflikt umschrieben.
Dieser Konflikt hat viele Aspekte gehabt, aber ein Hauptgrund war Kreiskys zunehmende Krankheit und seine Persönlichkeitsveränderung, die laut Ärzten damit verbunden war. Ich habe den genialen Kreisky und auch den schwächer werdenden Kreisky gekannt - ich halte mich an den genialen. Dass sich die Beziehung entfremdet hat und schließlich von seiner Seite aus in biblischen Hass umgeschlagen ist, das war nicht angenehm, doch das steht auf einem anderen Blatt. Das ist in Wahrheit die Tragödie des älter werdenden Kreisky, der seine letzten Jahre sicherlich nicht als glücklicher Mensch verbracht hat.
Altkanzler Sinowatz hat kürzlich in einem Interview mit der "Wiener Zeitung" von einem Treffen zwischen Ihnen und Leopold Gratz erzählt. Kreisky habe das als Putsch-Versuch der Jungen gegen den Alten interpretiert.
Kreisky ist misstrauisch geworden, hat hinter allem und jedem Verschwörung gewittert. Das hing mit seiner Krankheit zusammen. Später hat er sich dann mit Einflüsterern umgeben, die das noch weiter genährt haben. Das hat die Situation vergiftet. Ich bin Mitte der 70er Jahre einmal am Sonntag mit Leopold Gratz in der Prater Hauptallee spazieren gegangen, dann sind wir im Restaurant Lusthaus eingekehrt. Man hat uns ersucht, dass wir uns in das Gästebuch eintragen. Als später einmal Bruno Kreisky im Lusthaus einkehrte, hat er unseren Eintrag gesehen und dies als Beweis für seine Verschwörungstheorie herangezogen.
Wie geht es Ihnen mit dem Altwerden? Sie feiern am 18. April Ihren 70. Geburtstag.
Wie ist es mir mit dem Jungsein ergangen? Damals habe ich gesagt, das ist ein Fehler, der mit jeder Stunde geringer wird. Das habe nicht ich erfunden, das haben andere schon vor mir gesagt. Wenn man älter wird, kann man sagen, man ist ja selber schuld, weil man nicht vorher gestorben ist.
Man ist über der Baumgrenze, und wenn man das einigermaßen gesund und mit erfüllender Betätigung sein kann, macht das keinen geringeren Spaß. Das Leben genießen, sich um das Wohl der Seinen kümmern und vielleicht da und dort noch einen Beitrag für die Allgemeinheit leisten - von der Staatsvertrags-Ausstellung über die Albertina bis hin zu Seibersdorf.
Wird es mit dem Haus der Geschichte noch etwas werden?
Das kann ich nicht sagen. Herbert Krejci, Peter Weiser und ich haben bewiesen, was man in kurzer Zeit alles machen kann: Immerhin war die Staatsvertrags-Ausstellung für das Jubiläumsjahr 2005 von der Regierung bereits abgesagt worden. Der damalige Bundeskanzler (Wolfgang Schüssel; Anm.) hat nicht einmal einen offiziellen Besuch gemacht, von einem Dankesschreiben gar nicht zu reden. Mir war klar, dass die Regierung eine Wiederholung für das heurige Gedenkjahr nicht wünscht.
Sie haben aber bereits ein neues Betätigungsfeld gefunden: Ende 2007 haben Sie einen Preis für die besten Rezepte im Umgang mit der Globalisierung ausgelobt, das Preisgeld beträgt 100.000 Euro. Gibt es schon prämierte Ideen?
Der Rückfluss war unbefriedigend, daher werden wir den Preis neu ausschreiben. Dabei geht es nicht gegen die Globalisierung, sondern um den optimalen Umgang mit ihr. Ich bin kein Globalisierungsgegner, man kann sich heute nicht mehr in eine selbst gebaute Wagenburg einsperren. Die Globalisierung lässt sich nicht verhindern. Das Rad der Zeit kann man nicht zurückdrehen. Alle, die das propagieren, leben hinter dem Mond.
Zur PersonHannes Androsch wurde am 18. April 1938 in Wien geboren. Seine politischen Wurzeln liegen in Floridsdorf, wo er schon mit 15 Jahren Obmann der Bezirksgruppe des Verbandes Sozialistischer Mittelschüler wurde. Nach der Matura studierte er an der Hochschule für Welthandel (1959 Diplom, 1968 Promotion zum Doktor der Wirtschaftswissenschaften). Auch während des Studiums war er politisch aktiv, zuerst als Wiener Obmann, dann als Bundesobmann des VSStÖ. Neben dem Studium arbeitete er ab 1963 im SPÖ-Parlamentsklub. Als Bruno Kreisky 1970 eine Minderheitsregierung bildete, holte er Androsch mit 32 Jahren als Finanzminister ins Kabinett. Zuvor war Androsch seit 1967 Nationalratsabgeordneter. In seiner Zeit als Finanzminister wurde die Umsatzsteuer auf das Mehrwertsteuersystem umgestellt, Androsch galt als Verfechter einer Hartwährungspolitik. 1976 wurde die damalige Zukunftshoffnung der SPÖ von Kreisky zum Vizekanzler bestellt. 1981 kam es zum Bruch, Androsch schied im Unfrieden mit dem "Sonnenkönig" aus der Politik aus. Hauptkritikpunkte waren offene Fragen zum Bau seiner Villa und im Zusammenhang mit seiner Steuerberatungskanzlei Consultatio. Im Jänner 1981 begann Androsch eine Bankkarriere als Generaldirektor in der damals der schwarzen Reichshälfte zugerechneten Creditanstalt. Anfang 1988 schied er nach einer Verurteilung wegen falscher Zeugenaussage aus der Bank aus (eine von ihm angestrebte Wiederaufnahme des Verfahrens wurde unter Kanzler Vranitzky verhindert) und startete - nachdem er sich einige Jahre lang auf seine Wirtschaftstreuhänderkanzlei AIC konzentriert hatte - mit dem Erwerb von AT&S, dem größten europäischen Leiterplattenhersteller, im November 1994 seine Industriellenlaufbahn.