New York - Während andere in seinem Alter seit Jahren in Pension sind und es sich daheim im Ohrensessel gemütlich machen, hat UN-Chefwaffenkontrollor Hans Blix in den vergangenen Monaten noch einmal richtig aufgedreht. Im monatelangen Konflikt um das irakische Waffenarsenal stand der 74-jährige Schwede im Mittelpunkt der Beweissuche, immer wieder war der Mann mit dem schütteren Haar und der schwarzgerahmten Brille in den abendlichen Fernsehnachrichten zu sehen und berichtete vom Fortgang seiner Arbeit. Aber letzten Endes konnte er die USA nicht vom Erfolg der Waffenkontrollen überzeugen. Am Freitag verkündete sein Büro, dass Blix nun endgültig in Pension geht.
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"Um ehrlich zu sein, wollte er schon letztes Jahr damit aufhören", sagte Blix' Sprecher Ewen Buchanan. Dann sei die ganze "Übung" aber in eine besondere Phase übergegangen, und natürlich wollte der Chefinspektor seine Arbeit nicht gerade dann abgeben, als sie am brisantesten wurde. Und so übernahm er in den langen Monaten der Verhandlung eine Art Schiedsrichter-Rolle zwischen denen, die den irakischen Machthaber Saddam Hussein mit Gewalt abrüsten wollten - und der Mehrheit, die einen Krieg verhindern wollte.
Seriöse Arbeit
Jede noch so kleine Äußerung von Blix wurde da ausführlich hin- und hergewendet, jeder seiner Berichte voll Spannung erwartet und ausführlich besprochen. Jedes Lager versuchte Argumente für die eigene Position aus dem herauszufiltern, was der seriöse Schwede zu sagen hatte, vor Journalisten, bei den beteiligten Regierungen, im UN-Sicherheitsrat. Ernsthaft und bedacht schien Blix dabei, nüchterner auch als sein ägyptischer Kollege Mohammed El Baradei, der Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), der oft neben ihm auftrat und über die Kontrollen berichtete.
Dabei hatte Blix eine klare Position zu der ganzen Angelegenheit - nämlich die, dass die vorliegenden Beweise gegen den Irak nicht ausreichten, um einen Krieg zu rechtfertigen. "Es hätte eine Chance gegeben, das Problem friedlich zu lösen", sagte er in einem Fernsehinterview. Allerdings habe er schon vor Beginn des Krieges das Gefühl gehabt, dass die USA nicht mehr an den Inspektionen im Irak interessiert gewesen seien, dass die Arbeit der UN-Kontrollore sie vielmehr "irritiert" habe, betonte Blix in einem anderen Interview mit der "Welt am Sonntag".
US-Kritik: "Zu lasch"
Dazu passt, dass Washington sich vor drei Jahren dagegen gesträubt hatte, den promovierten Juristen zum Chef der Überwachungs-, Verifikations- und Inspektionskommission der UNO (UNMOVIC) zu machen. Blix gehe zu lasch mit der irakischen Führung um, befand die US-Regierung. Frankreich und Russland setzten sich aber durch, und so wurde er im Jänner 2000 vom UN-Sicherheitsrat in das Amt gewählt. Anders als sein Vorgänger Richard Butler wollte Blix aber die früheren Fehler der irakischen Führung nicht für ein erneutes Urteil zugrundelegen: "Ich bin da vorsichtiger. Ich verhalte mich lieber wie ein Anwalt und urteile aufgrund von Beweisen."
Geboren wurde Blix am 28. Juni 1928 in Uppsala. Nach dem Jura-Studium in Schweden, New York und Cambridge übernahm er mit 32 Jahren an der Stockholmer Universität den Lehrstuhl für internationales Recht. 1963 ging er als Rechtsberater ins schwedische Außenministerium, 1978 wurde er Außenminister. Richtig bekannt wurde Blix, als er 1981 die Leitung der IAEA in Wien übertragen bekam. In den 16 Jahren seiner Amtszeit verbesserte er die Überwachungsinstrumente der IAEA deutlich, setzte zum Beispiel durch, dass die Organisation auch geheime Atomprogramme im Irak und Nordkorea untersuchen darf.
Sollten die Kontrollen im Irak irgendwann fortgesetzt werden, dann solle sich aber "jemand anders darum kümmern", zitierte Blix' Sprecher nun seinen Chef. Was Blix denn künftig machen werde, rätselten Journalisten nach der Ankündigung des Vertragsablaufs. Nun, mit seinen 74 Jahren werde er sich "seinen Studien im internationalen Recht widmen", sagte ein Botschafter. Aber nein, schätzt ein anderer Diplomat: "Eher der Fliegenfischerei und dem Wandern in Nordschweden."