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Häppchen für Häppchen zur Entlastung

Von Martina Madner

Politik
Kinder in einkommensschwächeren Familien profitieren vom Familienbonus nicht.
© fotolia/Aliaksei Lasevich

Weniger Steuerlast gibt es bei der Reform in Schritten für Familien, nicht aber für jene mit geringem Einkommen.


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Wien. 11,7 bis 12,7 Milliarden Euro an Entlastung waren es im Wahlprogramm der ÖVP, zwölf bei der FPÖ. So konkret ist "Zusammen. Für unser Österreich", das Regierungsprogramm, nun nicht mehr. Dort ist im Kapitel "Finanzen und Steuern" zwar ein Dutzend Mal vom Wörtchen Entlastung die Rede, wie viele Milliarden Euro es aber werden sollen nicht. Nur so viel: "Die Bundesregierung hat es sich daher zum Ziel gesetzt, die Steuer- und Abgabenquote in Richtung 40 Prozent zu senken." Derzeit liegt sie bei knapp 43 Prozent.

Man wolle die volle Entlastung "bis zum Ende der Legislaturperiode" erreichen, konkretisierte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei der Präsentation der Vorhaben. Man müsse "unzählige viele kleine Schritte in die richtige Richtung gehen, weil nur dann kommt man auf den Berggipfel", sagte FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache.

Familien teilweise entlastet

"Wir wollen ganz bewusst die Bezieher von kleinen Einkommen entlasten in einem ersten Schritt. Und dann sicherstellen, dass Familien, die Steuern zahlen, entlastet werden. Es soll für jedes Kind einen Bonus von 1500 Euro geben", kündigte Kurz am Samstag auf dem "Gipfel" des Kahlenbergs an. Man wolle "Familien besonders fördern", indem man "ihnen weniger von ihrem hart verdienten Geld wegnimmt", ist im Regierungsprogramm nachzulesen.

Konkret gibt es die Steuerreduktion pro Jahr und Kind "bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres" und "sofern Anspruch auf Familienbeihilfe besteht und das Kind in Österreich lebt". Junge Familien, die sich ein Eigenheim schaffen, sollen zudem weniger Abgaben und Gebühren bezahlen. Im Gegenzug werden der Kinderfreibetrag und die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten gestrichen.

Klar ist nun auch: Der Bonus ist "nicht negativsteuerfähig". Damit ist klar, dass ihn nicht alle Eltern der 1,8 Millionen Kinder unter 18 Jahren erhalten, sondern nur jene, die Steuern zahlen.

Die Statistik Austria hat Daten nur über Eltern, die für 2014 eine Arbeitnehmerveranlagung oder Einkommensteuererklärung gemacht haben. Von diesen 700.000 Eltern verdienen 28 Prozent so wenig, dass sie mit höchstens 1250 Euro Bruttoeinkommen im Monat keine Lohn- und Einkommensteuer bezahlen - und damit keinen Familienbonus erhalten. Dazu kommt ein weiteres Viertel an Eltern mit einem Einkommen von bis zu 1850 Euro, die den Bonus nicht voll ausschöpfen können, weil sie weniger als 1500 Euro Lohnsteuer bezahlen. Das heißt: Mit 47 Prozent profitieren demnach weniger als die Hälfte aller Eltern vom Familienbonus.

Bei niedrigen Einkommen will die Regierung zwar Arbeitslosenversicherungsbeiträge reduzieren, das aber unabhängig davon, ob man Kinder hat oder nicht. Und Margit Schratzenstaller, Wifo-Budget- und Steuerexpertin, sagt, dass Arbeitslosenbeiträge bereits sozial gestaffelt sind, diese Entlastung also begrenzt.

Warten auf große Entlastungen

Mit einer Reform der Tarifstufen und Grenzsteuersätze will die Regierung jedenfalls erst später aufwarten. "Das wäre in 50 Tagen aber auch undenkbar gewesen", sagt Klaus Hübner, Präsident der Wirtschaftstreuhänder. Auch die Abschaffung der kalten Progression gibt es zwar als Ziel, aber nicht im ersten, sondern im "zweiten Schritt". Für Schratzenstaller ist das "begrüßenswert, genauso wie die geringere Abgabenquote. Was aber fehlt, sind Absichten, auch die Sozialversicherungsbeiträge einzubeziehen, und ökologische Komponenten".

Mit dem ersten Schritt, der Steuerstrukturreform, die unter dem Titel "EStG 2020" in eben diesem Jahr kommen dürfte, startet man schon 2018. Eine Task-Force im Finanzministerium soll schon ab Jahresbeginn damit beginnen, das Einkommensteuergesetz zu durchforsten. Hübner freut sich auf die Vereinfachungen, etwa bei Bilanz- und Gewinnermittlungsregelungen, insbesondere aber bei der Lohnverrechnung. Bei den Unternehmenssteuern ist darüber hinaus die Entlastung des Tourismus mit dem Senken des Umsatzsteuersatzes auf Übernachtungen von 13 auf zehn Prozent schon im November 2018 sehr konkret.

Das Senken der Körperschaftssteuer von derzeit 25 Prozent, "insbesondere auf nicht entnommene Gewinne", ist dagegen wieder Ziel. Das ist für Alexander Rust, Steuerexperte an der Wirtschaftsuniversität Wien, "positiv, wenn Unternehmen reinvestieren anstatt auszuschütten"; negativ aber, wenn Privateinkommen nicht mehr versteuert, sondern in Körperschaften verlagert würden. Er fragt sich aber, warum das nicht auch für Personengesellschaften und Einzelunternehmen gilt, ein "Wettbewerbsnachteil gegenüber Körperschaften".

Lohnnebenkosten will die Regierung senken. Außerdem sollen Bagatellsteuern wie jene auf Schaumwein evaluiert werden. Um heimische Unternehmen gegenüber internationalen zu stärken, will sich die Regierung dafür einsetzen, die "Digitale Betriebsstätte auf OECD- oder europäischer Ebene" einzuführen. Hier vermisst Sabine Kirchmayr-Schließlberger, Finanzexpertin an der Universität Wien, allerdings die Lösung bis dahin: "Man könnte Internetriesen in der Zwischenzeit durchaus mit einer Werbeabgabe von fünf Prozent ihres Umsatzes in Österreich zur Kassen bitten." Dann wäre diese Steuer auch keine Bagatelle mehr.

Auch sonst sagt sie: "Alles gut und vernünftig, was im Programm steht. Das Entscheidende ist aber, was nicht so genau drinnen steht: Woher soll das Geld kommen?" Und auch nicht, wie viel es sein wird.