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Happy End nach 444 Tagen Hölle

Von Michael Hill

Politik
Historischer Moment, nicht nur für David Roeder: Der Botschaftsmitarbeiter ist den Mullahs entkommen. Foto: ap

Iranische Studenten stürmten 1979 US-Botschaft in Teheran. | Geiseln kamen am 20. Jänner 1981 frei. | West Point. (ap) Als Barry Rosen vor 30 Jahren wieder amerikanischen Boden betrat, wurde er von stürmischem Jubel empfangen. Am Rande des Rollfelds wartete seine Familie, die in den 444 Tagen seiner Gefangenschaft im Iran kein Wort von ihm gehört hatte.


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Mit der Ankunft in West Point bei New York ging für Rosen und 51 weitere US-Bürger ein Alptraum zu Ende. Nun kehrten einige von ihnen dorthin zurück, um der schrecklichen Ereignisse zu gedenken.

Scheinhinrichtungen

Die Krise nahm ihren Anfang, als iranische Studenten 1979 die US-Botschaft in Teheran stürmten. Um die Auslieferung des abgesetzten Schahs zu erzwingen, der sich zur Behandlung einer Krebserkrankung in den USA aufhielt, nahmen die Revolutionäre die Angestellten der diplomatischen Vertretung in Geiselhaft. Sie wurden gefesselt, geschlagen und von der Außenwelt abgeschnitten. Immer wieder wurden sie mit Scheinhinrichtungen verhöhnt.

Nach langem politischen Tauziehen kam am 20. Jänner 1981 die plötzliche Nachricht ihrer Freilassung - an dem Tag, an dem Ronald Reagan als neuer US-Präsident vereidigt wurde. Mit einer Militärmaschine wurden die ehemaligen Geiseln in Teheran abgeholt. Auf einem Stützpunkt der amerikanischen Luftwaffe in Deutschland legten sie einen Zwischenstopp ein, erinnert sich David Roeder, der ebenfalls im Iran in Gefangenschaft geraten war. Von diesem kurzen Aufenthalt in Wiesbaden stammt ein Foto, das Roeder bis heute aufbewahrt hat. Das Bild zeigt ihn, wie er eben aus dem Flugzeug gestiegen ist, die Hände in die Höhe gestreckt; der Triumph ist ihm ins Gesicht geschrieben, neben ihm hängt ein Banner mit der Aufschrift "Willkommen zurück in der Freiheit".

Gemeinsam mit rund zehn weiteren ehemaligen Geiseln sind Rosen und

Roeder einer Einladung an die Militärakademie in West Point gefolgt. Sie wollen sich gemeinsam erinnern. Vor allem aber wollen sie ihre Erinnerungen an die Ereignisse im Iran weitergeben.

"Es ist wichtig, so schmerzhaft es auch sein mag, über diese Dinge zu sprechen", sagt der heute 66-jährige Rosen, der als Presseattaché in Teheran angestellt war, als die Botschaft von den Studenten gestürmt wurde. Gerade für junge Offiziersanwärter sei das Wissen um die Ereignisse von Bedeutung, um den Iran sowie die Gefahren, die bis heute von dem Land ausgingen, zu verstehen. Von dem stürmischen Empfang in der Heimat waren die ehemaligen Geiseln zunächst überrascht. "Bis wir in Wiesbaden ankamen, hatten wir keine Ahnung, dass die Menschen in den USA unser Schicksal verfolgt hatten", sagt Kevin Hermening. Erst bei seiner Ankunft in West Point hätten ihm Verwandte aus Wisconsin erzählt, dass man jeden Tag für ihn und seine Mitgefangenen gebetet habe und die "Gelben Schleifen" weithin zum Symbol der Solidarität mit ihnen geworden waren.

Unbekannter Vater

Rosen erinnert sich vor allem an das Wiedersehen mit seiner Familie. Seinem damals vierjährigen Sohn schenkte er ein Spielzeugauto, das er bei der Zwischenlandung in Deutschland besorgt hatte. Für seine einjährige Tochter hatte er eine Puppe dabei. Sie habe die Puppe an sich genommen, ihm aber keinen Kuss geben wollen - schließlich hatte sie diesen Mann, der ihr Vater sein sollte, noch nie zuvor gesehen.

Das Vertrauen seiner Tochter habe er schließlich doch noch gewinnen können, lacht Rosen, der längst Großvater geworden ist. Eines habe sich jedoch bis heute nicht geändert: "Die Ereignisse im Iran sind mir noch immer präsent", sagt der 66-Jährige, "die ganze Zeit".