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Hardliner ausgebootet: "Plötzliches" Einlenken Irans ein Erfolg für Larijani

Von Arian Faal

Analysen

Seit jeher sind Machthaber bemüht, mit außenpolitischen Akzenten von innenpolitischen Querelen abzulenken. Das ist beim Iran nicht anders. Im Inneren gärt es seit der umstrittenen Wiederwahl Mahmoud Ahmadinejads, von außen wird die Sanktionsschlinge wegen des Atomstreits immer enger geschnürt. Da liegt es auf der Hand, dass die taktisch geschickten Perser just während der Feiern zum 31. Jahrestag der Islamischen Revolution, zu denen die Opposition neue Massenproteste angekündigt hat, einlenken und bereit sind, ihr Uran im Ausland anzureichern.


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Interessant sind die Hintergründe dieser Entscheidung. Der jetzige Parlamentspräsident und frühere Atom-Chefunterhändler ist gleichzeitig Atom-Chefberater des obersten Führers Ali Khamenei und strebt seit vielen Jahren einen moderateren Atomkurs an als die Hardliner. In der Sache ist man sich zwar einig: Niemand darf dem Iran sein Recht auf Nutzung der Nukleartechnologie nehmen. Doch am Wie scheiden sich in Teheran die Geister.

Ali Larijani nahm 2008 den "No fear"-Kurs Ahmadinejads und dessen Atompolitik, aber auch persönliche Zerwürfnisse zum Anlass, seinen Hut als Atomunterhändler zu nehmen. Sein Wort blieb aber immer gewichtig, denn Khamenei bestellte ihn nur wenige Tage nach dem Rücktritt zum Berater in Atomfragen. Deshalb kann man sagen, dass die Hardliner bei diesem Schwenk, wenn er mit einer "Ja, aber"- Einstellung auch nur halbherzig ist, ausgebootet wurden. Zudem gibt es aus iranischer Sicht genügend rationale Gründe für einen Kompromiss mit der Weltgemeinschaft. Die UN-Sanktionen schwächen Irans Wirtschaft, es gibt kaum Treibstoff, das Land ist dringend auf Auslandsinvestitionen angewiesen.

Moskau und Peking, die Teheran bisher im UN-Sicherheitsrat in Schutz nahmen, verlieren zunehmend die Geduld mit ihrem Verbündeten und wollen eine etwaige iranische Bombe keineswegs dulden. Und was außer Prestige hätte der Iran von der Atomwaffe? Wahrscheinlich ein von den USA gerüstetes, ebenso atomar bewaffnetes Saudi Arabien in der Nähe. Bei dem strategischen und regionalen Potenzial, das er schon heute hat - er könnte durch Sperren des Persischen Golfs den weltweiten Ölhandel fast zum Erliegen bringen - braucht der Iran eigentlich keine Atomwaffe.

Die Frage ist: Will Teheran tatsächlich einlenken? Oder schindet die Regierung wieder einmal Zeit? Noch im Dezember 2009 erklärte Ahmadinejad das Kapitel Atomstreit und alle Verhandlungen über das Atomprogramm für beendet. Groteskerweise wies er damals jenen Verhandlungspunkt zurück, den er jetzt selbst wieder ins Spiel bringt: die Anreicherung iranischen Urans im Ausland.

Siehe auch:Teherans vages Angebot stößt auf Skepsis