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Harmonie bei dünner Tagesordnung

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Schwerpunkte Arbeit, Bildung, Forschung. | Graz. Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll strahlten mit der steirischen Sonne um die Wette, als sich die Bundesregierung am Montag zu ihrer zweitägigen Regierungsklausur in Graz einfand. Bei dem, was auf der Tagesordnung stand, war auch nicht zu befürchten, dass sich die großkoalitionäre harmonische Wetterlage aufgrund inhaltlicher Differenzen trüben würde: Arbeit, Bildung und Forschung. | Arbeitsmarkt bleibt bis 2012 kritisch | Interview mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer


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Der Kanzler sprach von einem "guten Klima der Kooperation und Zusammenarbeit", der große Wurf blieb freilich aus. Wirklich Konkretes hatte die Regierung nicht zu bieten.

Nach einer ersten Arbeitssitzung traten Faymann und Pröll unterstützt von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Arbeitsminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) vor die zahlreich angereisten Journalisten und übten sich in Optimismus. Trotz fast 400.000 Arbeitslosen (Februar-Rekord) sprach Faymann von "vorsichtig positiven Tendenzen". Sozialminister Hundstorfer sah trotz einem Anstieg der Jobsuchenden um 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr eine "starke Verflachung" der Arbeitslosigkeit. Der Grund: Gegenüber dem Jänner ging die Zahl der Arbeitslosen um 10.700 zurück. Von einer Entspannung am Arbeitsmarkt wollte Hundstorfer aber nicht sprechen (siehe Interview). Zwar sei Österreich das einzige Land in Europa, wo die Arbeitslosigkeit seit Oktober stetig zurückging, trotzdem warnte der Sozialminister: "2010 wird trotzdem schwierig."

Schulungen für Lehr- und Schulabbrecher

Wirtschaftsminister Mitterlehner zeigte sich hoch zufrieden damit, dass "trotz der größten Wirtschaftskrise in der Zweiten Republik" die Zahl der Lehrlinge mit rund 130.000 stabil gehalten werden konnte. Um diesen Trend beizubehalten, würden für die Lehrlingsförderung heuer 210 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Vom AMS kämen weitere 140 Millionen. Aber auch qualitativ sollen die Lehrberufe weiterentwickelt werden. Ebenfalls vorgesehen ist der Ausbau der sogenannten Produktionsschulen. Ende 2010 sollen mehr als 950 Plätze zur Verfügung stehen, wovon jährlich fast 2000 Jugendliche profitieren können. Produktionsschulen sind ein Modell zur außerschulischen Berufsvorbereitung für Jugendliche mit besonderen Schwierigkeiten und speziellem Förderbedarf, insbesondere auch Lehr- und Schulabbrecher. Mit diesen Einrichtungen soll den Jugendlichen der Übergang von der Schule in eine Ausbildung oder zur Berufstätigkeit erleichtert werden.

Unter dem Aspekt der Arbeitsmarktpolitik wurde auch eine Einigung zur Insolvenzrechtsreform für Unternehmer präsentiert. Ziel sei es gewesen, für die Betroffenen den Makel des Scheiterns zu beseitigen und gleichzeitig die Sanierungschancen für Unternehmen zu erhöhen, erklärte Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP). So soll es für insolvente Unternehmen für sechs Monate "einen Schutzschild" geben. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hindert ab nun die Vertragspartner für die Dauer von sechs Monaten an der Auflösung der überlebenswichtigen Dauerverträge (Strom, Telefon, Internet, Miete) etwa wegen alter Rückstände. "Durch diese Maßnahme wird die Fortführung des Unternehmens erleichtert", zeigte sich die Ministerin überzeugt. Nicht mehr enthalten ist der Passus, der bereits 14 Tage vor Insolvenzantrag einen "vorzeitigen Austritt" von Mitarbeitern unwirksam gemacht hätte.

Auch das Privatkonkursrecht wird reformiert. Dort sollen künftig die Gründe für die Verschuldung (Schicksalsschläge) bei Fragen wie Abschöpfungsverfahren und Rückschuldbefreiung stärker berücksichtigt werden. Hundstorfer zeigte sich "froh, dass wir einen gemeinsamen Weg finden konnten. Denn es geht darum, Menschen rasch zu helfen, aus der Schuldenfalle zu kommen."

Schmied sichert sich ÖVP-Unterstützung

Bildungsministerin Claudia Schmied nutzte die Klausur, um sich die Unterstützung der ÖVP für ihre Schulpläne zu sichern. "Die Bundesregierung bekennt sich zu dem Ziel, den Bedarf nach ganztägigen Schulangeboten zu erfüllen", hieß es im Ministerratsvortrag, der heute, Dienstag abgesegnet werden soll. Genaue Details enthält er nicht, bis zum Sommer soll eine Expertengruppe einen Masterplan entwerfen.

Schon am Montag beschlossen wurde ein Zeitplan für die neue Lehrerausbildung. Ziel von Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) ist dabei eine "möglichst enge Zusammenarbeit" von Universitäten und Pädagogischen Hochschule.

Den Abend ließ die Regierung mit einem Empfang bei Landeshauptmann Franz Voves ausklingen.