Kanzler lobt gemeinsame Erfolge der Regierung. | Generationenfonds soll 50.000 Jobs für Pflege und Bildung schaffen. | Hürden für hohe Managergehälter. | Wien. "Sehr geehrte Damen und Herren, wir begrüßen den Bundeskanzler der Republik Österreich, Werner Faymann." Also sprach die elegante Frauenstimme aus dem Off um 10.15 Uhr im pompösen Festsaal der Hofburg. Kurzer Applaus der 1200 geladenen Gäste und schon ging es los. Keine Spompanadeln wie Moderator oder Musikband - Werner Faymann pur war an diesem Mittwochvormittag, dem ersten Jahrestag der Angelobung der Regierungskoalition, aus SPÖ-Sicht angesagt. | Leitartikel: Werner Faymann ist so | Analyse: Faymanns Kampfansage durch die Blume an Josef Pröll | Reaktionen auf die Faymann-Rede | Die Rede im Wortlaut (PDF)
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Zu Beginn seiner einstündigen Rede unter dem Titel "Gemeinsam Österreich" präsentierte sich Faymann als Teamspieler, indem er bei den erreichten Erfolgen die Leistungen der gesamten Regierungsmannschaft hervorhob. Die zahlreich vertretenen ÖVP-Minister hörten es gern.
Beim Thema Arbeitsmarkt hielt Faymann - eingeladen waren auch Schüler und Lehrlinge - ein Plädoyer für den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Hier erneuerte er seine Ankündigung vom Vortag, ein drittes Arbeitsmarktpaket mit Schwerpunkt Qualifizierung für 2010 zu schnüren, allerdings ohne zusätzliche Mittel aus dem Budget - die ÖVP lehnt solche nämlich entschieden ab.
Unter dem Stichwort "mehr Gerechtigkeit" kündigte der Kanzler sodann an, "Finanzjongleuren das Handwerk legen" zu wollen. Hierzu forderte er einmal mehr die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene sowie den Entfall der Spekulationsfrist bei Aktienverkäufen. Beides zusammen soll eine Milliarde Euro ins Budget spülen. Bei Managergehältern will er für mehr Transparenz und die Koppelung von Boni-Zahlungen an Nachhaltigkeitskriterien verwirklicht sehen. Außerdem sollen "Super-Gagen über 500.000 Euro jährlich" für Manager künftig nicht mehr für Unternehmen steuerlich absetzbar sein, sondern aus dem bereits versteuerten Gewinn bezahlt werden müssen.
Für die Schaffung von 50.000 Arbeitsplätzen in den Bereichen Pflege, Schule und Kinderbetreuung will Faymann einen "Generationenfonds" einrichten. Gefüllt werden soll dieser mit zwei Milliarden Euro: Eine Milliarde Euro soll aus der Finanztransaktionssteuer und dem Wegfall der Aktien-Spekulationsfrist kommen, die zweite aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen im Bereich des Gesundheitssystems.
In diesem Zusammenhang bekannte sich Faymann einmal mehr zu mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssystem. Im Schulbereich soll hierfür die Zehn-Prozent-Grenze bei der Erprobung der Neuen Mittelschule wegfallen und bis 2018 sollen 200.000 Plätze an Ganztagesschulen entstehen. Dass dies viel Geld kosten werde, sei ihm klar, aber als Antwort zitierte der Kanzler John F. Kennedy: "Bildung ist sehr teuer, aber das teuerste ist keine Bildung." Wenig konkretes lieferte Faymann zum Thema Universitäten, wo er lediglich einmal mehr ein System für Ausgleichszahlungen mit Deutschland auf EU-Ebene einmahnte.
Ergebnisse versprach der Bundeskanzler auch beim Thema Verwaltungsreform: 3,5 Milliarden Euro sollen hier bis zum Ende der Legislaturperiode 2013 eingespart werden. Das Geld soll in Bildung, Pflege und Infrastruktur investiert werden. Zukunftsrenditen verspricht sich Faymann auch von einer Umstellung der derzeit indirekten Forschungsförderung hin zu einem Direktsystem.
Sieben Mal wurde die Rede des Kanzlers von Applaus unterbrochen - den ersten und mit Abstand stärksten erhielt jene Passage, in der sich Faymann gegen jene aussprach, die "mit Hetze gegen Minderheiten Politik machen".
Wissen: Faymanns Pläne
* Arbeitsmarkt: 2010 sollen die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik aus dem bestehenden Budget um 69 Millionen Euro (von 1385 auf 1454 Millionen) aufgestockt werden. Davon sollen 100.000 Menschen profitieren, Schwerpunkt: gering qualifizierte Arbeitslose, Gesundheits- und Pflegeberufe sowie Migrantenoffensive. Bis zu 5000 Langzeitarbeitslose sollen in Gemeinden für gemeinnützige Einrichtungen beschäftigt werden.
* Bildung: 200.000 Plätze in Ganztagesschulen bis 2018 (zusätzliche Kosten 170 Millionen pro Jahr); Verdoppelung des Angebots der Neuen Mittelschule (61 statt 6 Millionen pro Jahr)
* Forschung: System der steuerlichen (indirekten) Forschungsförderung soll durch eine Zwölf-Prozent-Prämie für Forschungsausgaben ersetzt werden (Mehrkosten 100- bis 200 Millionen pro Jahr).
* Generationenfonds: Zwei Milliarden für die Schaffung von bis zu 50.000 Vollzeitarbeitsplätze in den Bereichen Pflege, Kinderbetreuung und Schule. Grundprinzip Verlagerung von Geldleistungen zu Sachleistungen.
* Budgetkonsolidierung: Bis 2013 Einsparungen und Effizienzsteigerungen im Bereich der Verwaltung in der Höhe von 3,5 Milliarden Euro. Vierteljährliche Berichte der Finanzstaatssekretäre.