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Heute wird das Allgemeine Pensionsgesetz, also die Harmonisierung der Pensionssysteme, vom Nationalrat beschlossen. Bis gestern Nachmittag gab es dazu noch Verhandlungen, vor allem mit den Beamten, die nun eine Pensionskassa erhalten. Die FPÖ wollte zudem doch noch mit der ÖVP über eine Deckelung der Verluste verhandeln. Die "Wiener Zeitung" sprach mit den Sozialexperten Wolfgang Mazal und Bernd Marin über Plus- und Schwachpunkte der Reform.
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Für Mazal ist die Reform ein "großer Schritt. Die Neuorientierung der Systeme mit einem Pensionskonto, einer Vereinheitlichung und dem Anspruch auf Nachhaltigkeit sind eine fundamentale neue Weichenstellung."
Die Beamten seien zwar stark betroffen, aber durch die allgemeine Einschränkung der Reform auf Unter-50-Jährige hält Mazal auch diese Lösung für "vertretbar". Damit sei auch der Vertrauensschutz kein Thema mehr, das beim Verfassungsgerichtshof hätte vorgebracht werden können.
Wirkliche Gewinner im ASVG sind für beide Experten die Frauen. Da die Anrechnung der Kindererziehungszeiten viel großzügiger gehandhabt wird und diese auch pensionsbegründend wirken.
Marin bemängelt lediglich, dass es für Frauen noch immer keine eigenständige Alterssicherung gibt, die ihnen eine Männern vergleichbare Pension sichert.
Als "Schwachpunkt" beurteilen Marin und Mazal, dass die Landesbeamten und Gemeindebediensteten nicht mit an Bord sind. "Das ist aber nicht dem Bund vorzuwerfen. Es liegt nun in der Verantwortung der Länder, gleich zu ziehen, betont Mazal.
Einer Meinung sind die beiden auch, was die Schwerarbeiterregelung betrifft: Diese sei vor allem deshalb problematisch, weil durch jede Abfederung im System die nächste Generation verliert. Die Verlängerung "der schon heute problematischen Hacklerregelung" bis 2015 hält Marin für ein "unnötiges Zugeständnis an pensionsnahe Jahrgänge zu Lasten aller nachwachsenden Generationen".
Größter Gewinner der Reform ist für Mazal das System selbst. "Wenn wir in etwa 15 Jahren alle im selben System sind, dann hätten wir die Chance auf mehr Frieden in der Gesellschaft und weniger Neid. Denn das Auseinanderdividiesen halte ich für besonders gesellschaftsgefährdend."
Damit begründet Mazal auch seine befürwortende Haltung zu einer Parallelrechnung. Diese sei im Moment notwendig, für die Zukunft schließt er aber Korrekturen nicht aus: Auf Dauer sei die Parallelrechnung "administrativ zu aufwändig".
"Gleichbehandlung, Transparenz und Neustart", sind für Marin Anliegen, die durch die Reform nicht erfüllt würden. "Transparenz ist nicht gegeben, so lange die Berufstätigen aus ihrem Konto den erwartbaren Pensionsbezug nicht ersehen können. Gleichbehandlung ist nicht gewährleistet, so lange fast 1,5 Millionen Erwerbsfähige zwischen 50 und 65 (bzw. 68) für 15-18 Jahre neue Ansprüche nach alten Regeln erwerben. Der Neustart im Jänner 2005 schließt ein Drittel der Erwerbsfähigen aus."
Insgesamt ist für Mazal mit der Harmonisierung zwar ein großer Schritt erfolgt, aber Themen wie die Invaliditätspension oder die eigenständige Alterssicherung der Frauen sind noch offen. Diese könnten erst angegangen werden, wenn das System die Reform verkraftet hat - administrativ wie auch politisch. Dennoch dürfe niemand sagen, dass hier nur ein "Flickwerk" vorgelegt würde.