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Harmonisierung mit Disharmonien

Von Markus Stefaner

Wirtschaft

Befürworter einer gemeinsamen KöSt sehen geringere Steuerlast. | Kritiker rechnen mit zusätzlicher Komplexität. | Wien. Schon seit Jahren gibt es Bestrebungen seitens der EU, die Gewinnbesteuerung in den Mitgliedsstaaten zu vereinheitlichen. Seit kurzem liegt nun wiederum ein neuer Vorschlag der Europäischen Kommission über eine einheitliche Berechnung der Körperschaftsteuer für Konzerne in der EU vor.


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Befürworter der gemeinsamen KöSt argumentieren gerne, dass dadurch die Kosten der Steuer-Compliance - also der Erstellung von Steuererklärungen und Bereitstellung von Informationen an die Steuerverwaltungen - reduziert werden soll. Auch soll die Steuerlast von Konzernen verringert werden, da Verluste in einzelnen Staaten zukünftig nicht "eingesperrt" bleiben sollen, sondern mit Gewinnen anderer Staaten ausgeglichen werden können. Durch diese Vorteile soll Europas Wirtschaftstandort konkurrenzfähiger und dadurch das Wirtschaftswachstum stimuliert werden.

Nun stellt sich die Frage, warum dieses Projekt seit vielen Jahren ein Schattendasein fristet und nicht verwirklicht wurde. So bleibt zum Beispiel offen, ob die Kosten der Unternehmen für die Steuerabwicklung wirklich (kurzfristig) im angestrebten Ausmaß sinken würden.

Denn durch die Einführung neuer Regeln ist mit einer zusätzlichen Komplexität zu rechnen, die natürlich erst einmal Kosten verursacht. Und auch langfristig ist nicht sichergestellt, dass alle Steuerpflichtigen davon profitieren. Regeln, die europaweit Sachverhalte abbilden und die entsprechenden Informationen liefern müssen, werden wohl entsprechend aufwendig sein. Ob sich dadurch wirklich signifikante Entlastungen ergeben, sei hier zur Diskussion gestellt.

Administrationskosten könnten steigen

Die Weiterentwicklung der Steuererklärungen in den letzten Jahren zeigt den wachsenden Wissensdurst der Finanzverwaltung, der den Steuerpflichtigen mit zusätzlichen Kosten belastet. Ob der Wissensdurst auf europäischer Ebene - wenn entsprechend weitere und grenzüberschreitende Sachverhalte erfasst werden müssen - geringer ist, darf wohl bezweifelt werden.

Und sehen nationale Steuerrechtsordnungen neben der Körperschaftsteuer weitere Steuern vor, die vom Gewinn abhängen, wie etwa in Deutschland die Gewerbesteuer, könnte die gemeinsame Steuer zu einer Erhöhung der Administrationskosten führen: So müsste der Gewinn für die Körperschaftsteuer nach europäischen, für die Gewerbesteuer nach lokalen Regeln ermittelt werden. Eine Angleichung der Gewerbesteuer an die europäische Ermittlungsmethoden ist dabei wohl nicht einfach möglich, da diese auch für andere Unternehmen relevant ist, die auch in Zukunft nicht der gemeinsamen Körperschaftsteuer unterliegen werden.

Und auch die Vorteile der möglichen Verlustverwertung werden nicht immer zu einer Verbesserung führen: So ist dies in Österreich (und manchen anderen Staaten) bereits möglich. Allenfalls würde es daher einen relativen Vorteil des Wirtschaftsstandorts verringern.

Zudem muss bedacht werden, dass jede Senkung der Steuerlast gleichzeitig Ausfälle bei Steuereinnahmen herbeiführt. Hier wurden bereits Rufe laut, die einen Ausgleich durch andere Steuermaßnahmen fordern. Setzen diese zusätzlichen Steuermaßnahmen bei denselben Unternehmen an, verringern sich jedoch die oben genannten Vorteile der gemeinsamen Körperschaftsteuer. Auch wird sich zeigen müssen, ob durch solche Begleitmaßnahmen die Komplexität weiter erhöht wird.

Widerstand von Irland und der Slowakei

Außerdem hat sich bereits gezeigt, dass nicht alle Mitgliedsstaaten dem Projekt positiv gegenüberstehen. Nachdem bereits die Umsatzsteuer in der EU harmonisiert wurde, würde den Mitgliedsstaaten mit einer flächendeckend eingeführten gemeinsamen Körperschaftsteuer eine weitere wichtige Möglichkeit genommen werden, Wirtschaftspolitik mittels des Steuerrechts umzusetzen.

Gerade kleinere Mitgliedsstaaten nutzen das Steuerrecht dazu, Akzente zu setzen und damit für gewisse Sektoren besonders interessant zu sein. Dadurch können Investitionen angezogen und Arbeitsplätze geschaffen werden.

Fällt die Möglichkeit, Politik mittels Steuerrechts zu machen, weg, zeigen Studien, dass Arbeitsplätze und Steuereinnahmen verloren gehen könnten. Da danach nur mehr - nicht teilnehmende - Drittstaaten die Möglichkeit haben, entsprechende Akzente zu setzen, kann dies zu einer Verlagerung in geographisch nahe gelegene Drittstaaten wie etwa der Schweiz führen. Dies würde dazu führen, dass - zumindest anfänglich - wohl mit einem EU-weit negativen Effekt bei Steuereinnahmen und Arbeitsplätzen zu rechnen ist.

Einige Mitgliedsstaaten - allen voran Irland und die Slowakei - haben daher bereits angekündigt, die gemeinsame Körperschaftsteuer nicht einführen zu wollen.

Der nunmehr vorgelegte Entwurf wirft gewichtige Fragen auf. Auch gelingt damit wohl nicht die Quadratur des Kreises - es können einfach nicht alle gewinnen. Vorteile einzelner Mitgliedstaaten stellen für andere Mitgliedsstaaten Nachteile dar. Eine EU-weite Einführung der gemeinsamen Körperschaftsteuer in naher Zukunft scheint daher wohl nicht in Sicht.

Markus Stefaner ist Senior Manager bei Ernst & Young Österreich.