Van Staa rüstet mit markigen Sprüchen für die Landtagswahl 2008. | FPÖ bester Garant gegen VP-Linksruck. | Wien. Also was denn jetzt: Internierungslager für straffällig gewordene Asylwerber, wie sie Tirols Landeshauptmann Herwig van Staa fordert, oder doch lieber das kommunale Ausländerwahlrecht, wie es der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl befürwortet? Auch ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon scheint zu ahnen, dass zwischen diesen beiden Positionen zumindest atmosphärisch Welten liegen. Wahrscheinlich hat er deshalb am Montag "klare Positionen" der Volkspartei in der Ausländerfrage angekündigt.
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Die diskursive Grabesstille in der ÖVP war einmal, längst tönt aus dem Bauch der Partei eine Stimmenvielfalt. Und Kakophonie gehört nun einmal zum Risiko jeder Programmdebatte - insbesondere dann, wenn Ecksteine eines bürgerlichen Politikverständnisses zur Diskussion stehen. Und die Themen Familie (siehe Artikel Seite 5) und Ausländer gehören hier ganz ohne Zweifel dazu.
Auch in der Ausländer- und Integrationspolitik muss die ÖVP einen schwierigen Spagat schaffen. Umfragen zufolge ist die Haltung der Parteien in dieser Frage für gut ein Viertel der Wähler ausschlaggebend. Für Grüne und FPÖ liegt hier - wenn auch mit diametral entgegengesetzten Ansätzen - ihre größte Mobilisierungs-chance auf Kosten der beiden Großparteien.
Wie meistens in der Politik geht es auch hier um das Setzen rhetorischer Duftmarken. An den Stammtischen der Republik hält sich das Mitleid mit kriminell gewordenen Asylwerbern in überschaubaren Grenzen - das wissen natürlich nicht nur FPÖ und BZÖ, sondern auch ÖVP und SPÖ. Deshalb hat sich auch schon Wiens Bürgermeister Michael Häupl des öfteren für die rasche Abschiebung krimineller Asylwerber ausgesprochen.
Van Staa hat diese Forderung nun mit dem Begriff Internierungslager verknüpft - und damit bewusst die Scharfmacherschraube wieder eine Umdrehung weiter angezogen. Schließlich gelangt das, was dieser Begriff meint, eher in autoritären Regimen als in Demokratien in Friedenszeiten zur Anwendung. Aber der sprachmächtige Landesfürst war schon immer ein Freund markiger Worte.
Mehr steckt wohl auch nicht dahinter, denn das Asylrecht wurde erst letztes Jahr novelliert und eine weitere Verschärfung wird weder von SPÖ noch ÖVP angestrebt. Hinzu kommt, dass Tirol nächstes Jahr wählt - da kann es nicht schaden, den Wählern zu verdeutlichen, wofür die Tiroler Schwarzen beim Thema Ausländer stehen.
Das muss demnächst auch Nagl selbst tun. Nicht nur, dass auch Graz 2008 einen neuen Gemeinderat wählt, ist Nagl auch Leiter des Themenbereiches Sicherheit/Integration der ÖVP-Perspektivengruppe unter Oberhoheit von Umweltminister Josef Pröll. Bisher changierte der Kommunalpolitiker Nagl recht unverblümt zwischen ungestümen Rechtspopulismus -etwa in Sachen Bettler und dem EU-Beitritt der Türkei - und vorsichtigen Signalen an liberale Wählerschichten. Zu letzterem passt sein Eintreten für ein kommunales Wahlrecht für Ausländer nach fünfjährigem Aufenthalt zwecks besserer Integrationschancen.
Nagl steht vor der Herausforderung, ein konsistentes Profil der ÖVP in diesem Bereich zu erarbeiten. Ein Blick auf die Homepage der Perspektivengruppe zeigt, dass hier die Meinungen besonders heftig aufeinanderprallen. Dass Nagl die Bereiche Sicherheit und Integration getrennt behandelt und nicht in einen Topf wirft, dürfte eine sachliche Diskussion fördern.
Die Gefahr oder Hoffnung - je nach Standpunkt eben -, dass die Volkspartei SPÖ und Grüne links überholt, ist hier jedoch genausowenig wie bei anderen gesellschaftspolitischen Streitfragen angebracht. Dafür trägt schon eine wieder erstarkte FPÖ am rechts-populistischen Rand Sorge.