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Hart an der Grenze

Von Katharina Schmidt

Politik

Johanna Mikl-Leitner und Hans Peter Doskozil wollen das Spielfelder Grenzmanagement auf zwölf weitere Standorte umlegen.


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Spielfeld. "Germany, Germany. No Police. Let us through." Immer wieder skandiert die Gruppe lautstark ihre Anliegen. Immer heftiger drücken die Menschen gegen die Tretgitter, die bedrohlich wanken. Auf der anderen Seite halten einige Polizisten in Kampfmontur dagegen. Aus den Lautsprechern eines vom Bundesheer angeforderten Fahrzeugs im Hintergrund brüllt eine Stimme in ohrenbetäubender Lautstärke auf Arabisch Befehle in die Menge. Dann auf Englisch: "Follow the Instructions of the Police. Stay together with your families."

Etwas erhöht, auf der Ladefläche eines Mannschaftswagens des Bundesheers, stehen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil. Mit stoischen Minen beobachten sie das Geschehen. Die aufgebrachte Menschengruppe wird aggressiver. Jetzt werfen sie Plastik-Wasserflaschen auf die Beamten. Das Bundesheer schreitet ein. Auch Hunde kommen zum Einsatz.

"Druckausgleichsszenario" nennt sich die Übung, die Bundesheer und Polizei gestern Nachmittag in Straß bei Spielfeld in der Steiermark den Ministern und unzähligen in- und ausländischen Medienvertretern vorgeführt haben. Immerhin, statt echter Asylwerber wurden Polizeischüler zur Demonstration des Szenarios herangezogen. Es ist Teil des neuen "Grenzmanagements" zur Abwehr von Flüchtlingen - beziehungsweise eben "zum Druckausgleich", wenn plötzlich wieder viele Menschen an die Zäune drücken. Dieses Vorgehen wurde eigens entwickelt, um eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen der Polizei und dem Bundesheer zu ermöglichen, das sich seit Herbst an der Grenze im Assistenzeinsatz befindet.

Krieg der Worte,Krieg der Bilder

Denn "in Friedenszeiten" ist die Polizei alleine für die innere Sicherheit zuständig, heißt es hier. Dem Krieg in der Ausdrucksweise folgt der Krieg der Bilder. Die Adressaten der beklemmend martialischen Darbietung sind klar: Sie ist ein weiterer Puzzlestein in der neuen Kommunikationsstrategie der Bundesregierung. "Grenzen setzen" lautet das Motto.

Nur wenige Kilometer weiter, am Grenzübergang Spielfeld, sitzen einige Asylwerber auf dem kalten, nassen Boden. Viele Frauen sind dabei, kleine Kinder, Säuglinge. Mit Bussen wurden sie aus Slowenien hierhergebracht, jetzt müssen sie noch wenige Minuten am Zaun - der berühmten "Tür mit Seitenteilen" - warten, bis sie in das beheizte Zelt gerufen werden. Dort werden sie nach ihren Papieren gefragt, ihrem Namen - und ihrer Destination. Wer sagt, er will in Österreich oder Deutschland um Asyl ansuchen, darf weitergehen ins nächste Zelt. Wer nach Schweden will oder meint, er wolle nach Deutschland um zu arbeiten, wird nach Slowenien zurückgeschickt. Auch das kommt vor.

Rund 800 Asylwerber werden heute hier durchgeschleust, gestern waren es 1300. Die Beamten wissen hier schon in der Früh, was sie erwartet, denn schon die Slowenen dirigieren die Asylsuchenden geordnet in Richtung Österreich. Von den Chaostagen des vergangenen Herbsts ist man weit entfernt. Jetzt ist alles sehr professionell organisiert. Ab dem Zaun - ironischerweise ein Produkt, das für den Lawinenschutz entwickelt wurde - werden die Menschen geordnet in kleinen Gruppen weitergeleitet. Es gibt medizinische Versorgung, Verpflegung, bis zu 4000 Menschen können hier notfalls auch übernachten, erzählt Fritz Grundnig von der steirischen Polizei.

Mit 200 Polizeibeamten, die in Schichten zu je 70 Dienst tun, und 1600 Soldaten im Assistenzeinsatz an der Südgrenze könnte man auch rund um die Uhr arbeiten. Aber derzeit ist das wegen der guten Kommunikation mit Slowenien nicht notwendig. Zwischen 40 und 60 Personen suchen jeden Tag in Österreich um Asyl an, die anderen Menschen werden in Notunterkünfte im ganzen Land gebracht und von dort wiederum gezielt zu jenen Grenzübergängen gebracht, an denen die Kontingente der Deutschen noch nicht erschöpft sind.

Dominoeffektsetzt ein

Das klingt nach penibler Organisation. Aber Mikl-Leitner und Doskozil wollen die Schrauben noch einmal anziehen, vor allem auch, um den intendierten Dominoeffekt, von dem mittlerweile ganz offen die Rede ist, weiter anzufachen. Je mehr Länder entlang der Balkanroute verschärfte Regelungen oder Kontingente einführen, desto besser für das Image der Festung Europa, desto weniger Asylsuchende. So das Kalkül. In der Realität der Menschen bedeutet das verschärfte Grenzkontrollen und eine intensive Kontrolle auch der grünen Grenze, erklärten die beiden vor der Kulisse des Spielfelder "Grenzmanagements".

"Ein Jahr wie 2015 können wir uns in dieser Intensität nicht mehr leisten", sagte Doskozil, während hinter ihm die Asylsuchenden von einem Zelt ins nächste zogen. Daher sei es "keine Frage, dass es unser erklärtes Ziel ist, Kontingente zu erreichen". Auch Mikl betonte, es werde Tages- und Stundenkontingente geben, die allerdings in diesen Tagen erst bekanntgegeben werden.

Die Innenministerin verhandelt dazu intensiv mit ihrer slowenischen Amtskollegin. Wenn zum Beispiel ein Stundenkontingent ausgeschöpft ist, müssten die nachfolgenden Asylsuchenden eben bis zur nächsten Stunde warten. Daneben soll ein "Grenzmanagement" nach dem Vorbild Spielfelds auch für andere Grenzen vorbereitet werden. Insgesamt zwölf Grenzen in der Steiermark, Kärnten, Tirol und dem Burgenland sollen im Bedarfsfall mit einem solchen System versehen werden - allen voran der Brenner und der Karawankentunnel.

Auf die Frage, ob dann auch Zäune gebaut werden, meinte Mikl: "Wenn es Zäune braucht, werden auch welche gebaut." Was die Überwachung der Grünen Grenze angeht, meinte Doskozil, dass es eventuell notwendig werden könnte, Grundwehrdiener einzusetzen. Auch Drohnen sind derzeit im Testbetrieb, aber noch nicht im Einsatz. Wer an der Grünen Grenze aufgegriffen wird, soll allerdings nicht gewaltsam zurückgedrängt werden, fügte der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler hinzu. Diese Menschen sollen, so sie denn in Österreich oder Deutschland um Asyl ansuchen wollen, nach Spielfeld gebracht werden und dort dasselbe Prozedere durchlaufen, wie die anderen.

Immerhin: Doskozil meinte am Schluss, ihm sei immer noch eine europäische Lösung lieber und er habe dazu auch im März ein Treffen mit seinen Amtskollegen aus den Ländern entlang der Balkanroute anvisiert. Optimistisch sei er aber nicht. Optimismus scheint dieser Tage keine Kategorie zu sein. Weder bei den Asylsuchenden noch bei den Behörden.