Zum Hauptinhalt springen

Hart verdientes Bett-Hupferl

Von Claudia Peintner

Wirtschaft

An spielfreien EM-Tagen blieben viele Hotel-Betten leer. | Kroaten, Türken und Polen nächtigten lieber bei Bekannten. | Camping-Plätze zählen zu großen Gewinnern. | Wien. Der Juni 2008 wird als kein einfacher in die Geschichte der Wiener Bettenvermieter eingehen. Im Vorfeld der Fußball-EM dominierten Jubelstimmung und hohe Gewinn-Erwartungen. Die Zimmerpreise wurden erhöht, hohe Betten-Kontingente teuer an internationale Reiseagenturen verkauft. Auf die Stammgäste oder die saisonüblichen Kongress-Touristen wollte man zu Gunsten der Fußballgäste verzichten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Gegen Ende der Euro hat sich der Ball gedreht. Statt Jubel zu verbreiten, sind zahlreiche Hoteliers auf Nachfragen der "Wiener Zeitung" nur noch um Schadensbegrenzung bemüht: "Es hat keine gravierend negativen Überraschungen gegeben. Positiv war die sehr kurzfristige Nachfrage nach Zimmern an Spieltagen", berichtet Claudia Thaler vom 5-Sterne Hotel Le Meridien. Weniger erwähnenswert ist für die Hoteliers die Auslastung an den spielfreien Tagen. "Die Betten waren zwischen den Spielen trotz Hochsaison unbelegt. Viele Fußball-Touristen blieben nicht länger als zwei Tage in Wien", resümiert Ulrike Lehmann vom Luxus-Hotel Sacher.

In Hotelier-Kreisen hat man auch bemerkt, dass wegen der Euro die klassischen Wien-Touristen ausgeblieben sind. Besonders die zahlungskräftigen Reisegruppen aus China und Japan gingen den Hoteliers im Juni ab.

"Der Grund für die mäßige Bettenauslastung in den Vorrunden-Spielen war die Gruppenauslosung", berichtet Hannes Lechner, Regionalleiter der drei Wiener Ibis Hotels. Die Fußball-Anhänger aus Polen, der Türkei und Kroatien gelten nicht als typische Hotel-Nächtiger. Es fehle ihnen auch an Kaufkraft. Aus diesem Grund hatten einige Hoteliers mit externen Reiseagenturen zu kämpfen. Diese brachten die im Vorfeld gebuchten Betten-Kontingente nicht an und stornierten diese kurzfristig. Immer wieder auch ohne Stornierungsgebühr zu zahlen, wie aus Hotelier-Kreisen verlautbart wird.

"Viele Kroaten und Polen sind mit dem Auto- oder Zug angereist und haben in der Nacht die Rückfahrt in die nahe gelegene Heimat angetreten", weiß Hotelier Lechner. Die türkischen Fans hätten wiederum verstärkt bei österreichischen Verwandten Herberge bezogen, und das gratis.

Trotz der aktuellen Schicksals-Erfahrungen vieler Hoteliers, dominiert im Endstadium der Euro das Positive Denken. Der Großteil ist mit den Einnahmen der Juni-Nächtigungen zufrieden. "Die heurige Saison entspricht auch der im Vorjahr", lautet der einheitliche Tenor in der Branche. Es bleibt allerdings nicht unkommentiert, dass dies vor allem auf die Eigeninitiative der Hoteliers zurückzuführen ist.

So berichten die Zimmervermieter etwa, dass sie die Mindestaufenthaltsdauer auf eine Nacht heruntergeschraubt haben, um die Betten doch noch zu belegen. Andere konnten die Verluste nur durch die 20 Prozent höheren Zimmerpreise während der Euro vermeiden. Auch so mancher Brief an Stammgäste wurde im Nachhinein verfasst. Mit dem Inhalt: "Die Europameisterschaft in der Stadt hat keine Auswirkungen auf Ihren Aufenthalt." Das Resumee unter den Hoteliers: Nach der Euro ist vor der Euro.

Erfolgsverwöhnter geben sich die Camping-Platz-Vermieter in Wien. 90 Prozent der Gäste an den Camping-Standorten Wien-Hütteldorf oder Wien-Donaustadt waren Fußball-Fans, vor allem aus Deutschland und Holland. "Trotz Preiserhöhung wegen verstärkter Sicherheitsmaßnahmen waren wir immer noch billiger als das Fancamp am Wiener Messegelände", sagt Sonja Hejc vom Eigentümer Verkehrsbüro.

Auch die Jugendherbergskette Wombats in Mariahilf berichtet über einen Riesenandrang der Fußballfans. Gerne an die Euro zurückerinnern werden sich auch jene Hotels die von der Uefa ausgewählt wurden. Sie beherbergten Spieler, Journalisten und spendierfreudige Prominenz aus der ganzen Welt.