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Harte Bandagen im Prozess um Hypo-Vorzugsaktien

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

"Mittelabfluss vorhersehbar", positive Effekte "nicht auszuschließen".


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Klagenfurt. Das Sachverständigengutachten des Wirtschaftsprüfers Karl Hengstberger ist die Basis der Untreue-Anklage gegen die Ex-Hypo-Kärnten-Vorstände Wolfgang Kulterer und Günter Striedinger sowie zwei frühere Berater der Bank in Zusammenhang mit Vorzugsaktien aus dem Jahr 2004. Kein Wunder, dass bei der Erörterung der äußerst kritischen Experten-Einschätzung am Landesgericht Klagenfurt am Dienstag die Wogen hochgingen. "Die ganze Konstruktion macht betriebswirtschaftlich keinen Sinn", erklärte Hengstberger.

Wie berichtet, hat die frisch gegründete BC Holding AG im Jahr 2004 Vorzugsaktien der Hypo-Leasing-Holding für 55 Millionen Euro gekauft. Finanziert wurde das durch die Hypo-Liechtenstein - über ein kompliziertes Firmenkonstrukt im Fürstentum. Es sei versucht worden, die "Nachvollziehbarkeit zu erschweren", sagte Hengstberger. Im Endeffekt sei Geld von einer Hypo-Gesellschaft zur anderen geflossen, wobei es dazwischen zu Mittelabflüssen gekommen sei. Aus der Differenz zwischen bezahlten Dividenden und eingenommenen Zinsen errechnet Hengstberger ein Minus von rund 5,5 Millionen Euro. Da mit den Vorzugsaktien das Ziel verfehlt worden sei, Eigenkapital für die Konzernbilanz zu generieren, wäre das ein Schaden für die Bank. Alle Angeklagten bestreiten sämtliche Vorwürfe, ihre Anwälte starteten am Dienstag eine heftige Diskussion um das Gutachten.

Befragt durch die Rechtsvertreter, betonte Hengstberger, dass er keine abschließende Feststellung getroffen habe, welche Details jeder der Angeklagten damals konkret gewusst habe. Auch ob diese tatsächlich gegenüber den Wirtschaftsprüfern wissentlich unrichtige Erklärungen abgegeben hätten, müsse erst das Gericht klären. Besonders intensiv hinterfragt wurde die Schadensberechnung. Die Angeklagten wenden ein, dass durch den Ausweis der Vorzugsaktien als Eigenkapital das Kreditvolumen erweitert werden konnte. Das habe zu zusätzlichen jährlichen Gewinnen von mindestens 30 bis 40 Millionen Euro geführt.

"Zuordnung nicht möglich"

Hengstberger betonte, er habe die Effekte aus der zusätzlichen Kreditvergabe nicht erheben können. Die Zuordnung einzelner Kredite zu bestimmten Kapitalmaßnahmen sei nicht möglich. "Ich weiß nicht, ob es positive oder negative Effekte gibt. Es ist auch nicht feststellbar", meint der Sachverständige. Das ist insofern spannend, als die Hypo in Bezug auf die Vorzugsaktien 2004 eine 48-Millionen-Euro-Klage am Handelsgericht Wien eingebracht hat. Ein Gutteil des Streitwerts ergibt sich aus behaupteten Kreditausfällen wegen der Ausweitung des Kreditvolumens. Derzeit bemüht sich die Bank auf Aufforderung des Richters, genau diesen Punkt der Klage schlüssig zu stellen und die Ausfälle der Kapitalerhöhung zuzuordnen. Fürs Strafverfahren könnte auch eine andere Aussage Hengstbergers von Bedeutung sein: Er könne nicht ausschließen, dass es positive Effekte gebe, die den von ihm errechneten Schaden zumindest ausgleichen würden.

Da noch mehrere Dutzend Fragen offen blieben, wird die Erörterung des Gutachtens heute, Mittwoch, fortgesetzt.