Für Ex-Obmann Busek ist nicht erkennbar, wofür die Stadtpartei steht. | "Frauen sollen Chance nützen und Spitze übernehmen." | "Wiener Zeitung": Die Wiener ÖVP hat am Montag die Entscheidung in der Obmannfrage einmal vertagt. Wie es weitergehen soll, ist derzeit völlig unklar. Wie beobachten Sie als Ex-Parteichef die Szenerie? | Erhard Busek: Das sind die üblichen alten Spiele der alten Freunde dort.
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Es zerbricht sich niemand den Kopf darüber, wie man die Wahlen gewinnt, sondern jeder versucht, sich einen Posten zu sichern.
Also einmal mehr ein Kampf der Bünde unter kräftiger Einmischung der Bezirke?
Ja. Sie brauchen irgendetwas, wo sie reinbeißen können. Offensichtlich werken Verantwortliche der Wiener ÖVP daran, dass wir auf zehn Prozent schrumpfen.
Es droht bei der Gemeinderatswahl 2010 der Absturz von Platz 2 auf Platz 4 hinter FPÖ und Grünen. Ist das für Sie realistisch?
Ja, leider. Es ist keine Strategie erkennbar. In Wahrheit gehört eine starke Lösung her, damit man überhaupt durchkommt. Wobei der Parteiobmann nicht unbedingt der Spitzenkandidat sein muss. Aber es gehört eine überzeugende Lösung und eine Ansage her, wofür die Wiener ÖVP überhaupt steht. Das ist ja im Moment nicht erkennbar.
Wofür soll sie denn stehen?
Da ist sehr viel Platz gegenüber einer sehr abgeschlafften SPÖ und der Rechtsrandigkeit der FPÖ. Es gibt ja durchaus noch quasi normale Wiener.
Welcher Spitzenkandidat wäre Ihrer Meinung nach am besten geeignet? Viele wünschen sich eine Frau, aber die, die in Frage kämen, haben alle gleich abgesagt.
Allen, die absagen, muss man ausrichten: Ich halte das für nicht vertretbar. Denn wer sich für Politik entscheidet, muss in kritischen Situationen auch Dinge übernehmen, die nicht ganz einfach sind. Das gilt auch für die Frauen. Wenn gerade jetzt einer Frau eine Chance geboten wird, dann soll sie auch übernehmen. Ich persönlich gebe Christine Marek Chancen durchzukommen: Sie ist sichtbar durch ihre Regierungstätigkeit und ist auch ein guter Wiener Typ.
Die Einzigen, die sich bisher offen deklariert haben, sind Nationalrat Ferry Maier und Bundesrat Harry Himmer. Ersterer will jedoch nur Obmann sein.
Maier wäre sicher ein guter Parteiobmann, aber kein Spitzenkandidat. Ich halte allerdings den Generaldirektor von Alcatel-Lucent (Himmer, Anm.) mit dem Spitzenkandidaten für nicht ganz vereinbar.
Himmer müsste Ihrer Ansicht nach also zurücktreten. Und ein Obmann Maier als gleichzeitiger Raiffeisen-Generalsekretär wäre möglich?
Ja, Obmann schon, Spitzenkandidat aber nicht. Aber das weiß er.
Fällt die Wiener ÖVP 2010 massiv ab, könnte die SPÖ-Absolute wider Erwarten prolongiert werden.
Es droht der Auszug aus der Politik von den Bürgern. Das halte ich eher für das Kritische.
Es gibt auch Stimmen, die sagen, Johannes Hahn hätte im Sinne der Wiener ÖVP auf den Posten als EU-Kommissar verzichten sollen.
,Was wäre wenn bringt nichts. Ich halte die Sache für gelaufen.
Zur PersonErhard Busek (68) war von 1976 bis 1989 Landesparteiobmann der Wiener ÖVP. Bei der Wahl 1983 erreichte er 34,8 Prozent (bei der letzten Wahl 2005 waren es 18,8 Prozent). Von 1989 bis 1995 war Busek Mitglied der Bundesregierung, ab 1991 auch Vizekanzler. Heute ist er u. a. Präsident des Europäischen Forums Alpbach. n