Die Hilfen für Corona-bedingte Härtefälle in Familien kommen bisher kaum an.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Am 31. März war es bei Klaus R. (Name der Redaktion bekannt) so weit: Der 59-jährige technische Zeichner verlor seine Arbeit. Der Grund: Seine Firma gewährte anders als andere Eltern keinen Sonderurlaub - obwohl zu Hause Not am Mann war, "wir haben ja zwei behinderte Kinder".
R.s Ehefrau musste die Betreuung der 26-jährigen Tochter mit einer schweren Behinderung nun rund um die Uhr übernehmen, da die Tagesbetreuung Corona-bedingt schließen musste - "was sie nach wie vor ist", sagt Klaus R. Fahrtendienste zum Arzt oder zur Ausbildungsstelle standen auch für den sehbehinderten ebenfalls 26-jährigen Sohn nicht mehr zur Verfügung. Klaus R. musste also notgedrungen das Einkaufen, die Fahrten, den Haushalt übernehmen. "Es ging ja nicht anders."
Wegen Rücklagen war die finanzielle Belastung durch die Entlastung zwar nicht akut, aber: "Ich habe natürlich Existenzängste, was wird aus uns in einigen Monaten. Ich glaube, dass ich mit 59 bei den vielen Arbeitslosen, die ja im Herbst noch mehr werden, überhaupt keinen Job mehr finden werde", befürchtet R. Eine Frühpensionierung mit Abschlägen wäre dramatisch.
Langes Warten auf erste Hilfe
Also gehörte R. zu den Ersten, die am 15. April frühmorgens seinen Antrag auf Familienhärteausgleich ans Arbeits- und Familienministerium sandte. Denn für jene, wo ein Elternteil nach dem 28. Februar im Zuge der Corona-Krise arbeitslos wurde oder selbständig tätig wegen der Corona-Krise in eine finanzielle Notsituation geraten ist, wusste er aus einer der Regierungspressekonferenzen. Demnach können Eltern von zwei Kindern mit einem Nettoeinkommen von höchsten 2800 Euro beim Arbeits- und Familienministerium Unterstützung beantragen. Je nach Alter der Kinder und Familiengröße gibt es demnach drei Monate jeweils bis zu 1200 Euro Familienhärteausgleich, die "Wiener Zeitung" berichtete.
Moser hat rund 2500 Euro für seine Familie berechnet, das ist es letztlich auch geworden, eineinhalb Monate nach dem Antrag landete das Geld Anfang Juni auf seinem Konto, den Bescheid erhielt er Ende vergangener Woche. Dazwischen übte sich R. angesichts von Arbeitsministerin Christine Aschbachers missglücktem PR-Foto, wo sie einem Baby einen Geldschein überreichte, in Galgen-Humor: "Jetzt wissen wir, warum das so lange dauert. Weil sie jeder einzelnen Familie das Geld selbst übergeben will."
Das Geld fließt zwar spät, aber nun doch. Sind also nun alle Betroffenen zufrieden? Mitnichten, weiß R. Im Zuge der Wartefrist tauscht er sich mit mittlerweile über 1000 anderen Betroffen in einer Social-Media-Gruppe aus: "Da haben erst circa 25 Geld erhalten, fast niemand übrigens das, was er vorher berechnet hat." Einer Familie mit drei Kindern wurden offenbar nur 195 Euro für drei Monate gewährt. In den Bescheiden stehe nur eine Summe, kein nachvollziehbarer Rechenweg, sagt R.
Auch Neos-Familiensprecher Michael Bernhard geht von nicht mal fünf Prozent bearbeiteten der insgesamt 108.000 Anträge aus - "50 Mitarbeiter, wie die Ministerin sagte, sind vermutlich erst seit kurzem tätig." Für die Beantwortung seiner parlamentarischen Anfrage zu Personal- und Mitteleinsatz hat die Ministerin noch sechs Wochen Zeit. Bernhard geht jedenfalls davon aus, dass die 30 Millionen Euro des Fonds nicht reichen, "bei 108.000 sind es im Durchschnitt ja nur 277 Euro pro Familie". Dazu heißt es aus dem Ministerium, die statistische Auswertung folge "in den nächsten Tagen". Sollten die 30 Millionen nicht ausreichen, "werden Gespräche geführt".
Kein Geld für echte Härtefälle
Für SPÖ-Familiensprecherin Petra Wimmer ist das Fonds-System ohnehin unverständlich, "bei sozialstaatlichen Leistungen anzuknüpfen, wäre gerechter und unbürokratischer", sagt sie. Es gibt ja einen Familienzuschuss zur Arbeitslosen, den man erhöhen kann. Für die, für die man ursprünglich keine Hilfe vorsah, jene, die bereits vor dem 28. Februar arbeitslos oder in Notstandshilfe waren, will die Regierung nun ebenfalls mit dreimal 50 Euro und 30 Millionen Euro bedenken: "Verbleibende Mittel" sieht das Gesetz vom 5. Mai für jene vor, die Mindestsicherungs- oder Sozialhilfe beziehen.
Wobei noch keine Anträge gestellt werden können: Die im Gesetz erwähnte Richtlinie gibt es nach wie vor nicht. Laut Gesundheitsministerium müsse Aschbacher die Grundlage, weil für Arbeitslose und Notstandshilfe-Beziehende zuständig, liefern. Für die Abwicklung der Hilfe für jene in Sozialhilfe sei geplant, "auf die gut funktionierenden Strukturen der Länder zurückzugreifen". Die Kriterien sind laut Arbeitsministerium "demnächst" fertig. Für die krisenbedingten Mehraufwendungen werde "kein Nachweis erforderlich sein". Damit seien beispielsweise günstiges Essen für die Kinder während der Schule oder Lebensmittel aus Sozialmärkten oder Suppenküchen, die während der Krise "nicht in vollem Umfang verfügbar waren", gemeint.