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Harte Sanktionen gegen Minsk

Von Gerhard Lechner

Europaarchiv
Lukaschenko zeigt sich gerne mit seinem Sohn, Kindern von Regimegegnern werden die Eltern genommen. Foto: reu

Konten der Führung in Europa werden eingefroren. | Verstärkter Dialog mit Zivilgesellschaft. | Brüssel/Minsk/Wien. Zum Beispiel Danik: Drei Jahre alt ist der Sohn des weißrussischen Präsidentschaftskandidaten Andrei Sannikow und seiner Frau Irina Chalip, einer bekannten, regimekritischen Journalistin. Seine Eltern hat er bereits sechs Wochen nicht gesehen. Die sitzen seit 19. Dezember - also seit den Protesten gegen das offenkundig manipulierte Wahlergebnis - in Haft.


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Den Inhaftierten drohen bis zu 15 Jahre Haft wegen "Anstiftung zu Massenunruhen". Oma Lucyna erstritt sich das Sorgerecht für den Buben, der "auf Mama und Papa wütend" ist: Warum lassen sie ihn allein? Dass die Eltern im Gefängnis sitzen, weiß der Kleine nicht.

Es sind Fälle wie dieser, die EU und USA erneut Kurs auf harte Maßnahmen gegen das Regime von Präsident Alexander Lukaschenko nehmen lassen. Am Montag werden auf dem EU-Ministerrat in Brüssel wieder Sanktionen gegen Weißrussland beschlossen. Die Außenminister Deutschlands und Großbritanniens, Guido Westerwelle und William Hague, zeigten sich "entschlossen, gemeinsam gegen das weißrussische Regime vorzugehen". Auch die USA bereiten neue, harte Maßnahmen vor.

Relativ unbeeindruckt

Bereits 2006 hatte die EU, ebenfalls nach Präsidentenwahlen, gegen Lukaschenko und 30 seiner Vertrauten Einreiseverbote verhängt. Sonderlich beeindruckt zeigte sich Lukaschenko davon zwar nicht. Aber immerhin kam 2008 der inhaftierte Ex-Präsidentschaftskandidat Alexander Kosulin wieder frei. Daraufhin wurden - quasi als Belohnung - die Maßnahmen ausgesetzt.

Nun dürfte es noch schärfere Sanktionen geben: Rund 160 Vertreter der Führung in Weißrussland sollen laut Diplomatenkreisen mit einem Einreiseverbot belegt und deren Konten in der EU eingefroren werden. Manche EU-Staaten wie Polen und Schweden sollen auch Wirtschaftssanktionen fordern oder zumindest nachhaltig auf deren Androhung pochen. Ob sie sich damit durchsetzen, ist freilich eine andere Frage: Schließlich sollen die Maßnahmen nicht das Gros der Bevölkerung treffen. Mit der "Zivilgesellschaft", so EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, strebe man einen intensiven Dialog an, der auch Visa-Erleichterungen einschließen könnte.

Ob diese Doppelgleisigkeit über einen längeren Zeitraum durchgehalten werden kann, steht freilich auf einem anderen Blatt. So hat etwa Österreich in Weißrussland die Rolle des zweitgrößten Investors hinter Russland inne. Und für Kooperationen im Sicherheitsbereich - etwa was die illegale Migration nach Europa betrifft - wird ein Dialog mit der Zivilgesellschaft ebenfalls nicht genügen.

Hinzu kommt laut Beobachtern noch, dass die Empörung des Westens recht selektiv ist: Bei strategisch wichtigen Ölländern wie Aserbaidschan oder bei Nato-Staaten wie Albanien werden oft schlimmere Verstöße als in Weißrussland kaum bemängelt.