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Harte Strafe für Tanksünde

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Der Mann füllte den Tank seines Pkw blattlvoll, wie man so sagt, fast 49 l. Zu diesem Zeitpunkt war's vielleicht noch ein Irrtum, Fahrlässigkeit. Dass er aber dann von der Tankstelle wegfuhr und den Tank in den nächsten Tagen leer fuhr, machte aus dem Versehen eine Steuerhinterziehung, eine vorsätzliche Abgabenverkürzung. Denn der Mann hatte sein Diesel-Fahrzeug anstatt mit Dieselkraftstoff mit Gasöl betankt.


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Gasöl funktioniert wie Diesel, schmeckt wie Diesel und stinkt wie Diesel. Aber es ist kein "normaler" Diesel. Es ist auffällig rot eingefärbt und darf nur zum Verheizen verwendet werden, nie und nimmer als Autotreibstoff. Es ist steuerbegünstigt, mit niedrigerer Mineralölsteuer belastet und seine missbräuchliche Verwendung ist strafbar.

Steuerhinterziehung in Höhe von 111 Schilling

Nachdem die Finanz davon erfahren hatte, schrieb sie dem Mann die hinterzogene Mineralölsteuerdifferenz vor: 111 Schilling. Nebbich, sagte sich der Autofahrer und hatte die Angelegenheit umgehend vergessen. Bis ihm die Post einen weiteren Steuerbescheid zustellte: eine Finanzstrafverfügung über 20.000 Schilling. 20.000 Schilling für 111 Schilling ist das, was man im Steuerverfahren eine scharfe Rasur nennt und gilt selbst unter strengen Strafjuristen als ziemliche Unverhältnismäßigkeit. Die Berufungskommission, an die sich der Autofahrer wandte, zeigte sich deshalb auch einigermaßen gnädig und machte aus der Geldstrafe eine nachsichtige Verwarnung. Ohne Geldbuße. Gegen derlei Großmut erhob der Präsident der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg jedoch Beschwerde vor dem Höchstgericht. Tatsächlich sieht nämlich das Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetz aus 1966 vor, dass Gasöl-Sünder bei vorsätzlichem Verhalten von der Gnade einer Verwarnung ausgeschlossen sind; es muss eine Geldstrafe sein, mindestens 20.000 Schilling oder eine Woche Knast. Und unser Autofahrer hatte ja nach dem (fahrlässigen) Gasöl-Tanken mit dem Verlassen der Tankstelle auch eine (vorsätzliche) Steuerhinterziehung begangen.

Verbot einer Verwarnung steht im Gesetz

Vergeblich ermunterte der Verwaltungsgerichtshof die Verfassungsrichter, das Verbot einer Verwarnung aus dem Gesetz zu hebeln. Die Verfassungsrechtler blieben hart. Also mussten auch die Verwaltungsrichter hart bleiben und dem harten Finanzpräsidenten recht geben. Keine Gnade für 111 Schilling. Keine Chance gegen 20.000 Schilling.

(VwGH 2000/17/0109 v. 26.6.2000).