)
Telekom-Urteile: Wittauer akzeptiert und hofft auf Fußfessel, andere berufen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. 00.09 Uhr. Nach zwölf Stunden Verhandlung hat es sich der Schöffensenat rund um Richter Michael Tolstiuk am Freitag nicht einfach gemacht. Aus einer geplanten Stunde Beratungszeit wurden zweieinhalb. Dennoch haben die relativ harten Urteile im Verfahren rund um die 960.000-Euro-Zahlung der Telekom an das BZÖ im Wahlkampf 2006 bei Beobachtern je nach Couleur für Protest oder Befriedigung gesorgt.
Dass Telekom-Lobbyist Peter Hochegger etwa zu zweieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt wurde, ist erstaunlich. Schließlich haben im Beweisverfahren zahlreiche Zeugen ausgesagt, dass er im Zusammenhang mit der Änderung der ominösen Universaldienstverordnung nicht in Erscheinung getreten sei. Auch der Sachverständige Georg Jeitler hatte in seinem Schlussvortrag betont, dass er keinerlei Lobbyingauftrag der Telekom an Hochegger in diesem Konnex finden konnte. Hochegger wurde nur vom Kronzeugen Gernot Schieszler und dem Mitangeklagten Klaus Wittauer belastet und bestritt stets, in dieser Causa beim BZÖ angeklopft zu haben.
Im Zweifel gegen Hochegger
Im Zweifel für den Angeklagten also? Nein, denn einerseits hat das Gericht beschlossen, den durchwegs nicht besonders glaubwürdigen Entlastungszeugen keinen Glauben zu schenken, andererseits hätte ein Freispruch im Zweifel Schieszler Lügen gestraft und damit der Kronzeugenregelung den frühen Tod beschert.
Der Freispruch für den Erstangeklagten Rudolf Fischer erscheint indes logisch. So sehr der Dauergast im Grauen Haus sonst auch eine Stütze der Bankomatfunktion der Telekom gewesen sein mag - in diesem Fall dürfte er mit seiner Unterschrift einen von vielen Aufträgen quittiert haben. Unerwartet hart fiel auch das Urteil gegen Karin Gastingers Ex-Pressesprecher Christoph Pöchinger aus. Auch ihm hat der Senat offenbar nicht geglaubt, dass er lange nicht gewusst hat, von wem das Geld für den Vorzugsstimmenwahlkampf der Justizministerin stammte. Wenig überraschend waren hingegen die Urteile gegen den Werber Kurt S. - über ihn sollen 720.000 Euro ans BZÖ geflossen sein - und Klaus Wittauer, der die Sache eingefädelt haben soll. Bereits im August war Berufskollegin Tina H. zu 20 Monaten bedingt verurteilt worden, die eine viel geringere Summe verschoben, gleichzeitig aber gewusst hatte, dass sie etwas Unrechtes tut. Entsprechend höher war die Strafe für S., auch wenn dieser ohne nachzudenken die Scheinaufträge unterschrieben hatte. Wittauer wiederum gestand und zahlt nicht nur die von der Staatsanwaltschaft geforderten 20.000 Euro plus Zinsen an die Telekom zurück, sondern legt noch 100.000 Euro drauf. Dafür wurde er mit zwei Jahren Haft, davon aber nur drei Monaten unbedingt belohnt.
So ist denn Wittauers Anwalt Ewald Scheucher auch der einzige, der nicht Berufung gegen die Strafhöhe und Nichtigkeitsbeschwerde vor dem Obersten Gerichtshof gegen das Urteil an sich einlegen wird. Man werde das Urteil akzeptieren "und ich hoffe, dass Wittauer eine gute Chance hat, die Strafe mit einer Fußfessel auf seinem Bauernhof abzuarbeiten", so Scheucher. Dieses Urteil ist vorerst, wie auch die anderen, nicht rechtskräftig, da die Staatsanwaltschaft noch keine Stellungnahme abgegeben hat - die Frist endet am Dienstag um 24 Uhr.
Noch Freitagnacht Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet hat das BZÖ. Das Gericht will die vollen 960.000 Euro bei den Orangen abschöpfen, obwohl die Staatsanwaltschaft die geforderte Summe zum Schluss sogar reduziert hatte. Die Ansprüche der Telekom als Privatbeteiligte hat Tolstiuk aber auf den Zivilrechtweg verwiesen. Denn es ist nicht klar, ob nicht die Telekom durch die immer noch in Kraft befindliche Universaldienstverordnung bereichert ist. Jedoch geht mittlerweile nicht einmal mehr der Staatsanwalt davon aus, dass es sich bei der Zahlung um Gesetzeskauf gehandelt hat. Es sei darum gegangen, sich das BZÖ gewogen zu machen.
Schadenersatzforderungen
Das BZÖ hat das Geld treuhändig hinterlegt, jedoch nur bis 1. April 2014. Sollten die Orangen das Geld danach verbrauchen - was möglich ist, sollten sie den Wiedereinzug in den Nationalrat verpassen, könnten sie in Teufels Küche kommen. Wird das Urteil rechtskräftig und ist das Bündnis zahlungsunfähig, könnte die Telekom zivilrechtlich Schadenersatz von den Verfügungsberechtigten - also Obmann und Geschäftsführer einfordern. In einem derartigen Fall könnten diese auch wegen betrügerischer Krida strafrechtlich belangt werden.
Das Urteil kann also getrost als Hypothek für das ohnehin um seine Existenz kämpfende BZÖ gesehen werden. An ein Politurteil glaubt aber wohl nur das Bündnis selbst. Alle Anwälte attestierten Tolstiuk eine vorbildliche Prozessführung und Augenmaß.