)
Finanzkrise trifft Private Banking voll. | Die betuchten Kunden haben das Vertrauen verloren. | Der Markt ist massiv im Umbruch. | Für Helmut Praniess, Vorstandschef der Linzer Privat Bank AG, ist die Welt noch heil: Im Vorjahr schnitt die 100-prozentige Tochter der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich so gut ab wie noch nie. Heuer soll das Ergebnis der Gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) von 4,5 Mio. Euro sogar deutlich überboten werden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Obzwar Praniess ein "deutlich verändertes Anlegerverhalten" und eine "irrwitzige Konditionenlandschaft" ortet, behauptet sich sein Institut, das auch in Wien, Prag und Süddeutschland vertreten ist, offenbar besser als die meisten Mitbewerber.
Obwohl der demnächst 50-jährige Vorstandsboss, der "während der Krise keinen einzigen Kunden" verloren haben will, sich ganz und gar nicht pessimistisch zeigt, ist eines nicht zu leugnen: Die rot-weiß-roten Spezialbanken, die auf die Veranlagung von Vermögen ab rund einer Million Euro spezialisiert sind, stecken vielfach in der Bredouille.
Schließlich ist das verwaltete Vermögen laut einer Studie der Strategieberater Booz & Company im Katastrophenjahr 2008 um 18 Prozent auf 95 Milliarden Euro geschrumpft. Die kleinen, zumeist feinen Privatbanken mussten plötzlich erkennen, dass ihr Geschäft mit den Reichen und Superreichen abrupt ins Stocken geraten war.
Privatbanken in Österreich, wie etwa die Wiener Winter Bank, das Salzburger Bankhaus Spängler oder die LGT Bank Österreich, befinden sich in in- oder ausländischem Familienbesitz. Oder sie sind, wie die Privat Bank oder Sal.Oppenheim Österreich, Tochterfirmen von heimischen und internationalen Finanzriesen. Aufgrund deutlicher Geldabflüsse sanken die Marktanteile. Die Bruttoerträge dürften von 2007 bis 2009 durchschnittlich um 30 Prozent fallen, so Booz.
Die Finanzkrise traf das diskrete Business mit betuchten Privatkunden zwar nicht so hart wie in Deutschland und der Schweiz, wo die Rückgänge zuletzt 27 und 25 Prozent ausmachten, doch sie hinterließ in den Bilanzen von 2008 fast aller Häuser Spuren (siehe Kasten).
Rote Zahlen und mehrere Deals
Am schlimmsten waren die börsenotierte Wiener Privatbank SE mit mehr als vier Mio. Euro Jahresverlust sowie die im Jahr 1989 von der Länderbank gegründete M&A Privatbank betroffen. Sie hat im vergangenen Jahr mit 34 Mitarbeitern bei einer auf 115 Millionen gesunkenen Bilanzsumme ein EGT von minus 0,94 Mio. Euro eingefahren.
Die M&A Privatbank stand schon einige Zeit zum Verkauf und wurde schließlich Mitte Oktober an die AVMA Beteiligungs GmbH abgetreten. Damit ging sie in der auf Risikomanagement, Asset Management und Immobilienveranlagungen spezialisierten Wiener Alizee Group auf, die Thomas Polak und Claudia Böhme gehört. Ihr neuer Name: Alizee Bank.
Die Privatbank wurde somit rascher verhökert als eine Mitbewerberin, die im Herbst 2008 für eine herbe Überraschung gesorgt hatte: Die Constantia Privatbank war im Zuge der Immofinanz-Turbulenzen in eine prekäre Lage geschlittert und musste von einem aus fünf heimischen Großbanken bestehenden Konsortium aufgefangen werden. Die Republik übernahm eine Haftung über 400 Mio. Euro, die allerdings mit Dezember befristet ist. Die Constantia hat sich zum Ladenhüter entwickelt, denn trotz einiger Interessenten konnte bislang kein neuer Eigentümer gefunden werden.
Paukenschlag in der Bankengeschichte
Einen neuen Besitzer erhält hingegen die Salzburger Privatinvest Bank. Sie wird von der Zürcher Kantonalbank (ZKB) zur Gänze übernommen, nachdem die bisherigen Aktionäre, die deutsche Commerzbank und die Salzburger Sparkasse, die Lust an ihr verloren haben. Die nun teilverstaatlichte Commerzbank musste aufgrund von EU-Auflagen verkaufen, weil ihr eine Schrumpfungskur verordnet wurde. Das 50 Mitarbeiter starke Institut, das künftig unter dem Namen ZKB auftreten wird, betreut Vermögen von 600 Mio. Euro.
Aufregende Zeiten macht die Wiener Dependance von Sal.Oppenheim durch. Die deutsche Mutter wird nämlich um 1,3 Milliarden zur Gänze an die Deutsche Bank verkauft - ein Paukenschlag in der 220-jährigen Geschichte der noblen Privatbank, die bislang vollständig in Familienbesitz gestanden ist. Ursache des Desasters war die Oppenheim-Beteiligung am mittlerweile insolventen Handelskonzern Arcandor. Bereits im Vorjahr musste Sal.Oppenheim einen Verlust von 117 Millionen eingestehen, allein im Aktienhandel wurden 200 Millionen verloren. Die Deutsche Bank stand mit Krediten von mehr als 600 Millionen hilfreich zur Seite.
Die Bank Privatgibts nicht mehr
Auch sonst ist es in der Private Banking-Branche heuer drunter und drüber gegangen: Anfang des Jahres wurde die nur 15 Mitarbeiter zählende Medici Bank von Sonja Kohn unter Staatsaufsicht gestellt. Sie hatte im Zuge des Madoff-Skandals 3 Mrd. Euro in den Sand gesetzt und gab im März schlussendlich ihre Bankkonzession zurück.
Die kurzzeitige Verhaftung von Julius Meinl, Aufsichtsratspräsident der Meinl Bank, war für die noble Klientel von Privatbanken landesweit nicht gerade vertrauensbildend. Die Meinl Bank, die ihre Aktionäre 2007 noch mit 70 Mio. Euro an Dividende beglückte, hat seit Monaten PR-mäßig alle Hände voll zu tun, um ihre im Gefolge der hinlänglich bekannten Eskapaden erlittenen Schrammen halbwegs zu kurieren und den geschäftlichen Schaden im Rahmen zu halten. Sie ist zwar mit einer regelrechten Klageflut konfrontiert, betreibt aber in zahlreichen Zeitungsinseraten und Presseaussendungen eine Reinwaschungsaktion in eigener Sache, bei der ihr eigentliches Business jedoch unterzugehen droht.
Eine Schar frustrierter Anleger, die in den Crash-Monaten so einiges verloren haben und auf ihre Bankberater stinksauer waren, machte ihrem Ärger mit Klagen und Schadenersatzforderungen Luft. Den Unmut bekamen nicht nur die Constantia und die Meinl Bank zu spüren, sondern auch die Grazer Capital Bank. Sie hatte rund 15 Mio. Euro Kundengelder in Fonds des US-Milliardenbetrügers Madoff angelegt, womit der Jahresgewinn 2008 futsch war und nur noch eine schwarze Null übrig blieb.
Die ebenfalls zur steirischen Grawe-Gruppe zählende Capital Bank International hatte sich rechtzeitig einen neuen, traditionsreichen Firmennamen zugelegt: Seit September 2008 heißt das auf institutionelle Kunden spezialisierte Geldhaus Brüll Kallmus Bank - ein Begriff, der seit 1884 existiert hatte, jedoch exakt hundert Jahre später wegen des Verkaufs an Italien abgeschafft worden war.
Vom Markt verschwunden ist die Bank Privat, die sang- und klanglos in das Private Banking der Mutter integriert und mit 28. Oktober 2009 aus dem Firmenbuch gelöscht wurde - obzwar sie zuletzt mit 17,8 Millionen einen ordentlichen Gewinn erzielt hatte. 1982 als CA-Ableger gegründet und zuletzt eine 100-prozentige Tochter der UniCredit Bank Austria, war sie bereits im Vorjahr von den italienischen Oberchefs an die Kandare genommen worden: So sind alle kundenrelevanten Unterlagen, vom Briefpapier über Visitenkarten bis zu Folders, dem Corporate Design angepasst. Konzernintern wird nunmehr "eine ganzheitliche Beratung in allen finanziellen Angelegenheiten aus einer Hand" unter der Leitung von Ex-Schoeller-Boss Hans-Jürgen Danzmayr angestrebt. Die Schoellerbank, die ebenfalls der Bank Austria gehört, bleibt bis auf Weiteres als Traditionsmarke in eigenständiger Form erhalten.
Neue Modelle sollendas Vertrauen stärken
Aufgrund der finanziellen Wunden, die die meisten der rund 70.000 österreichischen Millionäre der internationalen Finanzkrise verkraften mussten, wurde das Vertrauen in Österreichs Privatbanken schwer erschüttert. Nachdem den meisten Kunden die Lust am Pokern vergangen ist, geht es ihnen nun primär um Sicherheit, Stabilität, Transparenz und Solidität. Der Beratungsaufwand hat generell zugenommen, was angesichts des steigenden Kostenbewusstseins für die Privatbanken zum Dilemma werden könnte.
Die Branche müsse nun, wie es Gutmann-Boss Rudolf Stahl für sein Haus formuliert, "größten Wert auf Beständigkeit und Berechenbarkeit" legen. Wer wie die 1892 gegründete Bank Winter & Co. auf eine "konservative, Risiko vermeidende Geschäftsführung" stolz sein darf, wird wohl weiterhin Gewinne erzielen. Und Privatbanken, die wie Krentschker-Vorstandsboss Georg Wolf-Schönach auf "gute, krisenresistente Kunden" zählen können, haben die Malaise weniger zu spüren bekommen. Die Steiermärkische Sparkasse als Krentschker-Aktionär kann sich nach wie vor über eine 17-prozentige Dividende freuen.
Die Vorstände der Capital Bank, Christian Jauk und Constantin Veyder-Malberg, machten ihrer Klientel ein interessantes Offert: In einem offenen Brief boten sie betuchten Kunden an, laufende Provisionen, die ihre Berater von Anbietern von Fonds erhalten, ausnahmslos weiterzugeben. Wird kein Gewinn erzielt, geht die Bank leer aus. Im Erfolgsfall hingegen erhält die Bank 15 Prozent vom Nettogewinn.
Wissen: Die traurigen Bilanzen der Privatbanken
Die Wiener Privatbank SE, an der Immobiliensammler Günter Kerbler maßgeblilch beteiligt ist, wies im Vorjahr minus 3 Mio. Euro als Ergebnis der Gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) aus.
Die M&A Privatbank, die seit kurzem als Alizee Bank auftritt, kam 2008 lediglich auf ein EGT von minus 0,94 Millionen.
Die Brüll Kallmus Bank - zuvor Capital Bank International - hat im vergangenen Jahr bloß ein EGT von 0,25 Mio. Euro geschafft.
Die Partner Bank in Linz, die einer Foundation for Social and Economic Development in Liechtenstein gehört, lieferte 2008 ein EGT von 30.000 Euro ab - ihre Bilanzsumme war nicht höher als 2000.
Glimpflich davon kam hingegen ihr lokaler Rivale: Das steirische Bankhaus Krentschker musste im Vorjahr lediglich einen EGT-Rückgang um 5,2 Prozent hinnehmen - von 7,3 auf 6,9 Mio. Euro.
Der Österreich-Ableger von Sal.Oppenheim konnte zwar 10 Prozent Neukunden akquirieren, schaffte aber lediglich ein EGT von 1,5 Millionen - ein Jahr davor war es noch fast doppelt so viel.
Das kirchennahe Bankhaus Schelhammer & Schattera fuhr das schlechteste Ergebnis seit langem ein: Während ihr EGT in den vergangenen Jahren stets bei 11 Millionen lag, waren es zuletzt nur 2,56 Mio. Euro.
Das Salzburger Bankhaus Spängler - Bilanzsumme mehr als eine Milliarde - brachte es zuletzt bloß auf 2,69 statt wie im Jahr davor fast 9 Millionen.
Und die Wiener Bank Gutmann, deren 210 Mitarbeiter Ende 2008 ein Vermögen in Höhe von 8,9 Milliarden verwalteten, hat im Vorjahr EGT von 6,1 Mio. Euro erzielt - 2007 war es noch mehr als doppelt so hoch.