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Neu: Saftige Haft- und Geldstrafen. | Wien: 2000 Mal Verdacht, 170 Fälle nachgewiesen. | Wien. Als Laura N. vor elf Jahren von einem österreichischen Freund gefragt wurde, ob sie seinen marokkanischen Bekannten heiraten würde, sagte sie Ja. Die damals 24-Jährige hatte Schulden und benötigte dringend Geld. "Wir haben uns geeinigt, dass er mir 100.000 Schilling gibt und ich dafür solange mit ihm verheiratet bleibe, bis er die Staatsbürgerschaft hat", erzählt die Webdesignerin.
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Die Rechnung ging auf und nach drei Jahren reichte das Paar wegen "unüberbrückbarer Differenzen" die Scheidung ein. Heute, nach der Verschärfung des Fremdengesetzes, würde sich die Wienerin nicht mehr auf eine Scheinehe einlassen.
Dem neuen Gesetz zufolge - es gilt seit 1. Jänner - müssen Österreicher, die beim Abschluss einer Scheinehe Geld kassieren, mit einer einjährigen Haftstrafe rechnen. Daneben droht auch jenen, die aus Gefälligkeit - also ohne Bezahlung - so eine Ehe eingehen, eine Geldstrafe; bisher blieben solche Vergehen unbestraft. Die Vermittlung von Scheinehen wird jetzt mit bis zu drei Jahren Haft geahndet.
Für den ausländischen Ehepartner ändert sich indes nichts: Ihm droht nach wie vor die Abschiebung. "Ganz ausrotten werden wir Scheinehen zwar nie, durch die strengeren Bestimmungen hoffen wir aber auf einen Rückgang von mehr als 50 Prozent", so Willfried Kovarnik, Leiter der Wiener Fremdenpolizei, der zugleich auf ein besonderes Zuckerl für reuige Inländer hinweist: Zeigt sich ein Österreicher selbst an, bleibt er straffrei.
Im Vorjahr wurden in Wien 1999 Verdachtsfälle geprüft, nachweisen konnte die Fremdenpolizei nur 168 Scheinehen. "Dennoch glaube ich, dass die Quote höher liegt", meint Kovarnik, der die tatsächliche Zahl auf rund 700 schätzt; bundesweit vermutet er 2000 derartige Ehen. In den meisten Fällen fließt dabei viel Geld, im Schnitt zwischen 5000 und 10.000 Euro. Kovarnik: "Für viele, vor allem aus den unteren Einkommensklassen, ist es ein scheinbar leichter Weg, rasch an Geld zu kommen. An die mitunter prekären Folgen denken sie jedoch nicht."