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Harter Kampf um die besten Köpfe

Von Stefan Melichar

Wissen

Die Ökonomen Dockner und Zechner wechseln an die WU. | Konkurrenz unter heimischen Unis wird heftiger. | Wien. Im Wettbewerb mit der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU) hat die Universität Wien abermals eine herbe Schlappe einstecken müssen. Im kommenden Jahr verliert die altehrwürdige "Hauptuni" zwei ihrer renommiertesten Ökonomen. Mit Engelbert Dockner wechselt gar der Vorstand des Instituts für Finanzwirtschaft an die WU - dicht gefolgt vom Institutskollegen Josef Zechner.


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Die WU wildert seit längerem im Revier ihrer älteren Schwester. Vor zwei Jahren hat man - durch das neue Wirtschaftsrechtsstudium - begonnen, dem Juridicum Studenten abspenstig zu machen. Nun dehnt sich der Kampf um die besten Köpfe auf das wissenschaftliche Personal aus - und die WU zieht dabei alle Register. Unbestätigten Gerüchten zufolge hat die Wirtschaftsuni den beiden Ökonomen in Sachen Gehalt annähernd das Doppelte von dem geboten, was sie an der Hauptuni beziehen. Als Extra dürfen Dockner und Zechner außerdem ihren Beamtenstatus behalten, wodurch bis dato erworbene Pensionsansprüche aufrecht bleiben.

Letzteres kann als Zeichen gedeutet werden, dass sich auch das Wissenschaftsministerium einem Wettbewerb unter den Universitäten nicht verschließt. Hätte das Ministerium einer Versetzung nicht zugestimmt, wären die Konditionen in Zusammenhang mit dem Wechsel wohl spürbar schlechter gewesen, da - die dann nötige - Kündigung zum Verlust eines beträchtlichen Teils der Rentenansprüche geführt hätte.

"Sehr undramatisch"

Nichts desto Trotz scheint es aber so, als hätten sich die heimischen Hochschulen noch nicht so recht an einen offenen Konkurrenzkampf untereinander gewöhnt. Einerseits scheuen die Unis nicht davor zurück, sich gegenseitig Professoren auszuspannen, andererseits will man vermeiden, sich öffentlichkeitswirksam auf die Zehen zu treten. Entsprechend zurückhaltend kommentiert WU-Rektor Christoph Badelt den Wechsel von Dockner und Zechner an sein Haus: "Es freut mich natürlich, aber ich sehe das sehr undramatisch. Es gibt eine lange Tradition des Hin- und Herpendelns zwischen den beiden Unis."

Dass sich die Hauptuni von der WU auf den Schlips getreten fühlt, ist allerdings kein Geheimnis. Rektor Georg Winckler macht gegenüber der "Wiener Zeitung" gute Miene zum bösen Spiel: Heuer seien bereits 30 renommierte Wissenschafter an die Universität Wien berufen worden, meint Winckler. Den Abgang von Dockner und Zechner sehe man "mit einem lachenden und einem weinenden Auge". Personelle Neuerungen würden die Chance bieten, "das Fach weiterzuentwickeln und im internationalen Vergleich stark zu positionieren". Ob es der Uni Wien gelingt, aus der Not eine Tugend zu machen, wird sich weisen. Dockner und Zechner freuen sich auf alle Fälle schon auf ihre Tätigkeit an der WU, die sie mit Februar 2008 aufnehmen werden.

"Wie in Nordamerika"

Beide nennen die starke Schwerpunktsetzung der Wirtschaftsuni im Bereich Finanzwirtschaft als wichtigen Grund für ihren Wechsel. Dockner - der immerhin eine Stelle als Institutsvorstand gegen eine gewöhnlichen Professur eintauscht - sieht eine "ganze Reihe wichtiger Synergien".

Der Kampf um die besten Köpfe unter Professoren und Studenten sei, so der Ökonom, ein "ganz natürlicher Prozess", der durch die Hochschulautonomie "sehr stark zunehmen" werde: "Im Kleinen gibt es hier bereits Dinge wie in Nordamerika." Zechner sieht im regen Wettbewerb zwischen den Universitäten eine wichtige Voraussetzung für einen "guten Forschungsmarkt". Auch in Österreich sollten, so der Wissenschaftler, Wechsel zwischen Unis erleichtert werden.

Badelt - seines Zeichens auch Vorsitzender der Österreichischen Rektorenkonferenz - gibt sich gelassen: Die österreichischen Unis würden einen Weg "gleichzeitiger Konkurrenz und Kooperation" suchen. Für Konfliktstoff zwischen WU und Uni Wien dürfte aber auch in Zukunft gesorgt sein: Dockner glaubt, dass der Finanzwirtschafts-Schwerpunkt der WU das entsprechende Institut an der Hauptuni in Bedrängnis bringen könnte: Zwei derartige Einrichtungen wären, so der Wissenschafter, am Standort Wien kaum existenzfähig.