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Brüssel drängt Wien erneut, Blockade bei der Zinsbesteuerung aufzugeben.
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Brüssel/Wien. Die EU-Kommission hat am Mittwoch Österreich und Luxemburg neuerlich aufgefordert, ihre Blockade bei der Reform der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie aufzugeben. Bei der Wiener Koalition ist sie damit vorerst umgehend neuerlich abgeblitzt. Während es aus dem Büro von Bundeskanzler Werner Faymann hieß, an der vor kurzem von Finanzministerin Maria Fekter dargelegten ablehnenden Position Österreichs habe sich nichts geändert, er werde sie auch beim EU-Gipfel vertreten, hoffte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta in dieser Frage dennoch nach wie vor auch auf den "großen Gruppendruck" der anderen 25 EU-Länder: Am Donnerstag und Freitag sollte es zu "entscheidenden Schritten" nach vorn kommen.
Fekter hatte beim EU-Finanzministerrat Mitte Mai gemeinsam mit ihrem luxemburgischen Kollegen Luc Frieden eine Einigung auf die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Zinsbesteuerungsabkommens verhindert. Konkret wurde abgelehnt, dass die EU-Kommission das Verhandlungsmandat für fünf Drittstaaten in Europa - Schweiz, Andorra, Liechtenstein, San Marino und Monaco - erhält. Semeta drängt dabei auch auf eine Ausweitung des automatischen Informationsaustausches - Fekter sieht in der Folge wiederum eine "Aushebelung unseres Bankgeheimnisses" und lehnt dies entschieden ab: Österreich sei dagegen, dass über das automatische Zirkulieren aller Bankdaten in Europa überhaupt verhandelt werde.
Kritik auch an Amnestien
Generell forderte Semeta eine stärkere Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung. Er trat für Mindeststrafen für Steuervergehen ein, ferner soll es eine grenzübergreifende Steuer-Identifikationsnummer geben, eine EU-Charta für Steuerpflichtige und schärfere gemeinsame Maßnahmen gegen Steueroasen. Nur wenn die EU-27 als Team mit gemeinsamer Strategie vorangehen, "können wir die Steuerbetrüger und -hinterzieher besiegen und große Geldbeträge wieder einziehen, die uns rechtmäßig zustehen."
Kritisch äußerte sich Semeta zu Amnestien für Steuersünder. "Normalerweise haben Amnestien den Effekt, dass eine Atmosphäre entsteht, auch in Zukunft kann es solche Amnestien geben. Das unterminiert den Kampf gegen Steuerflucht und Steuerbetrug."
Eine Verquickung mit dem jüngst zwischen Österreich und der Schweiz abgeschlossenen bilateralen Steuerabkommen gebe es in der aktuellen Debatte nicht, betonte Semeta, das Abkommen Wien-Bern müsse aber natürlich den EU-Regeln entsprechen. Ein Datum für die Evaluierung durch Brüssel könne er noch nicht nennen. Fekter hatte Mitte Mai erklärt, dass die EU-Kommission das Steuerabkommen Österreich-Schweiz - mit kleinen "semantischen Änderungen" - "de facto akzeptiert" habe.
Liechtensteins Regierungschef Klaus Tschütscher meinte am Mittwoch im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" überraschend, er würde den automatischen Informationsaustausch in Steuerfragen nicht für alle Zeiten ausschließen. Derzeit komme er zwar nicht in Frage, "da und dort" könne er aber aus Effizienz-, Kosten- und Haftungsgründen "durchaus interessant" sein. Tschütscher spielt damit auf den Umgang mit Steuerdaten von US-Bürgern an.