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Härtere steirische Impfanreize

Von Martina Madner

Politik
Die Steiermark prüft eine Corona-Impfpflicht für neues Kindergartenpersonal zum Schutz der Kinder.
© stock.adobe.com / highwaystarz

Am Donnerstag ging es zwar "nur" um eine Impfkampagne. Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer plant aber die Corona-Impfung als Voraussetzung bei Neueinstellung von Kindergartenpersonal.


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Wir stehen gut da, müssen aber auf den letzten Metern einen Zahn zulegen", begründet Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) die nun gestartete Werbekampagne fürs Impfen in der Steiermark. Es spricht von einer "gewissen Impfmüdigkeit, die eingetreten ist, da rede ich nicht um den heißen Brei herum: Die Anmeldungen sind zurückgegangen." 560.000 von 1,1 Millionen impfbaren Steirerinnen und Steirern sind erstgeimpft, 227.000 auch ein zweites Mal. Sein Appell: "Wir werden alles versuchen, damit sich die Menschen impfen lassen. Es ist noch nicht vorbei."

In der ORF-"Pressestunde" sprach Schützenhöfer von einem "schäbigem Verhalten" der Impfunwilligen. Auf die Frage, ob er sich eine Sars-CoV-2-Schutzimpfungspflicht für das Kindergartenpersonal vorstellen könne, sagte er: "Ich wäre persönlich dafür, der Verfassungsdienst des Bundes sagt aber: Nein, das geht nicht" - und ließ dann aufhorchen: "Aber: Jedes Land kann selber etwas bei der Aufnahme tun. Das will ich in den Bereichen des Landes selbstverständlich so machen."

Impfnachzügler und Voranpreschende

Das Impfdashboard des Gesundheitsministeriums zeigt, dass die Steiermark mit 50,9 Prozent der Impfbaren bei den Erstimpfungen knapp unter dem Österreich-Durchschnitt von 51,5 Prozent liegt. Vollimmunisiert sind 20,6 Prozent, bundesweit 24,6 Prozent. Bei den über 65-Jährigen ist die Steiermark über Durchschnitt, in der erwerbstätigen Bevölkerung liegt sie unter diesem.

Generell lag die Impfbereitsschaft laut Corona-Panel-Umfrage der Uni Wien im Mai bei rund 68 Prozent, die entweder bereits erstgeimpft waren oder sich ehestmöglich impfen lassen wollen. Die Anmeldungen, also die weiteren steirischen Impfwilligen, wollte die Landesregierung nicht konkretisieren. Die für Bildung und Gesundheit zuständige Landesrätin Juliane Bogner-Strauß, ebenfalls ÖVP, sagte zwar, dass die 800.000 verimpften Dosen ein großer Erfolg sind. Auch sie versucht zu motivieren: "Vergessen wir auch nicht jene, die sich nicht impfen lassen können, die Schwächsten, die Kleinsten in unserer Gesellschaft." Personen, die in steirischen Kindergärten und Schulen arbeiten, konnten sich bereits Mitte März impfen lassen, dennoch schätzt sie die Durchimpfungsrate in der Elementarpädagogik auf 50 Prozent, an Schulen auf 60 Prozent - deutlich unter jener in den steirischen Spitälern mit 84 Prozent teil- und 73 Prozent vollgeimpften.

Von der "Wiener Zeitung" auf die Sars-CoV-2-Impfung als Einstellungsvoraussetzung angesprochen, sagt Bogner-Strauß: "Es ist klar, dass Elementarpädagoginnen nicht nur sich selbst, sondern auch den Kindern und deren Eltern gegenüber eine besondere Verantwortung tragen. Ob diese höchstprivate Entscheidung sich impfen zu lassen auch mit der Entscheidung für einen Beruf als ‚Pflicht‘ vereinbar ist, muss rechtlich geklärt werden und ist derzeit in Prüfung."

Zurückhaltung in anderen Bundesländern

Bogner-Strauß plädiere aber, sich zu informieren, es gebe gute Argumente, denn: "Dieser Diskurs verdient eine sachliche Behandlung." Im Büro des Landeshauptmanns bestätigt man die rechtliche Prüfung, fügt aber hinzu: "Eine bundeseinheitliche Lösung wäre wünschenwert, das Virus kennt keine Grenzen."

Die scheint nicht sehr wahrscheinlich, denn im Büro des für die Wiener städtischen Kindergärten zuständigen Landesrates Christoph Wiederkehr (Neos) ist man überrascht von dieser Idee, ebenso im Burgenland und in Niederösterreich. Man habe die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen im Impfplan vorgezogen, durch eine "weitreichende Aufklärungskampagne" seien bereits drei Viertel geimpft: "Derzeit stellt sich daher diese Frage für uns nicht", lässt Wiederkehr ausrichten.

Im Büro der burgenländischen Landesrätin Daniela Winkler (SPÖ) kann man sich nicht vorstellen, dass "man eine Beschäftigungsgruppe heraushebt". Kindergärten seien aber Gemeindekompetenz, bei Neuaufnahmen an den Pflichtschulen, für die das Land zuständig ist, "da hat das keine Rolle gespielt". Aus der Abteilung für Kindergarten und Schulen in Niederösterreich heißt es wiederum, dass man auch in Kindergärten auf geimpft, genesen oder den wöchentlichen Berufstest setze. "Mir ist nicht bekannt, dass das angedacht ist."

Einzig aus Tirol heißt es, dass bei Beschäftigungsverhältnissen beim Land derzeit "geprüft wird, ob und welche Maßnahmen gesetzt werden". Für das Kindergarten-Personal sei aber nicht das Land, sondern seien Gemeinden und Private zuständig.

Ethikkommission empfiehlt Impfung

Rein rechtlich kann Schützenhöfer den Plan auch alleine umsetzen: Aus dem Büro von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) heißt es, dass die Impfung als Voraussetzung bei Neuanstellungen in verschiedenen Berufsgruppen "verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen" ist. "Diese müsste allerdings gesetzlich verankert werden." Und das bedürfe "einer sachlichen Rechtfertigung und muss verhältnismäßig sein."

In den Augen der Bioethikkommission wäre es das. Erst vor einem Monat hielt sie mit Verweis auf ihre Einschätzung im November erneut fest: Für Gesundheits- und Pflegepersonal, aber auch Berufsgruppen mit intensivem Körperkontakt zu Menschen wie Friseurinnen und Friseure, Masseurinnen und Masseure, "sollte zumindest für die Dauer der Pandemie die Covid-19-Impfung als Erfordernis für die Berufsausübung gelten".

Die Vorsitzende der Kommission, Christiane Druml, sagt, dass das auch für den Kindergarten gelte, auch wenn dieser nicht extra genannt ist. Denn: "Auch sie haben eine besonders hohe Verantwortung, die ihnen anvertrauten Kinder zu schützen. Wir wissen mittlerweile, dass auch Kinder schwer erkranken können."

Sehr groß ist die Gefahr für Kleinkinder aber nicht. Der Virologe Lukas Weseslindtner erklärt etwa, dass sie sich "nicht so leicht infizieren", weniger stark erkranken und auch weniger ansteckend sind als Ältere. Tatsächlich blieb die Sars-CoV-2-Positivrate bei Kleinkindern von Beginn der Pandemie bis heute die geringste unter allen Altersgruppen.