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Härtere Strafen für Pädophile

Von WZ Online

Europaarchiv

Experten glauben nicht an abschreckende Wirkung. | Wien. Die EU will mit einer neuen Richtlinie die Strafen für sexuellen Missbrauch von Kindern, Kinderpornografie und Kindesmissbrauch im Netz verschärfen. Dementsprechend müssen in Österreich für einige Tatbestände die Höchststrafen angehoben werden.


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Die Höchststrafe nach § 208 StGB (Sittliche Gefährdung von Personen unter 16) müsste von bisher einem Jahr auf zwei Jahre angehoben werden. Darunter fallen etwa Masturbation vor einem Kind oder das Zeigen von pornografischen Filmen und Zeitschriften.

Eine Höchststrafe von mindestens zehn Jahren sieht die Richtlinie für sexuelle Handlungen gegenüber unmündigen Minderjährigen - das sind Kinder unter 14 Jahren - unter Anwendung von Nötigung, Gewalt oder Drohungen vor. In Österreich gilt derzeit eine Höchststrafe von fünf Jahren.

Eine Anpassung bzw. Erhöhung des Lebensalters muss in Österreich beim §207b Abs 2 StBG erfolgen, wo es um sexuellen Missbrauch geht. Konkret sind künftig sexuelle Handlungen mit einer Person unter 18 Jahren strafbar, wenn diese unter Ausnützung einer Zwangslage oder aufgrund einer Abhängigkeit ausgeführt werden. Hierzulande war dieses Verhalten nur strafbar, wenn das Opfer unter 16 war.

Neu für das österreichische Recht ist laut Justizministerium der Tatbestand der wissentlichen Teilnahme an pornografischen Darbietungen, an denen eine minderjährige Person beteiligt ist. Dafür sieht die Richtlinie eine Mindesthöchststrafe von zwei Jahren für unmündige Minderjährige und ein Jahr für mündige Minderjährige - Jugendliche zwischen 14 und 18 - vor.

Weiters wird künftig das sogenannte Grooming - die Kontaktaufnahme zu Kindern über das Internet - mit einer Mindesthöchststrafe von einem Jahr unter Strafe gestellt. Den Tatbestand erfüllt ein Erwachsener, wenn er etwa einem unmündigen Minderjährigen vorspielt, ein Gleichaltriger zu sein, und ein Treffen vorschlägt.

Experten plädieren auch für Hilfsangebote

Höhere Strafen - weniger Übergriffe: So einfach sei die Rechnung in punkto sexuellem Missbrauch von Kindern nicht. Eine abschreckende Wirkung wird die von der EU geplante Strafverschärfung bei Pädophilie-Delikten laut Experten kaum haben. "Es ist höchstwahrscheinlich so, dass es präventiv gar nichts bringen wird", meinte Kriminologin Katharina Beclin von der Wiener Universität gegenüber der APA. "Was schon wirkt, ist eine höhere Verfolgungsintensität - wenn mehr Täter erwischt werden. Dann ist es aber egal, ob ihre Haft fünf oder zehn Jahre dauert."

"Beim Einzeltäter im Affekt schreckt es nicht ab", meinte auch Andreas Zembaty vom Täter- und Opferhilfeverein "Neustart". Sehr wohl helfen könne aber eine Kombination aus höherem Strafrahmen mit niederschwelligen Hilfsangeboten für potenzielle Kinderschänder. "Die bloße Strafdrohung ist aber keine Hilfe für Täter, nicht kriminell zu werden", erklärte Zembaty.

Notwendig seien daher zusätzlich Anlaufstellen, an die sich jemand angstfrei wenden könne, wenn jemand eine pädophile Neigung entwickle. Betreuer, die nicht anzeigen, solange keine Straftat vorliegt, würden solchen Personen helfen.

Hintergrund: Nur rund zehn Prozent der Täter in Missbrauchsfällen gelten laut "Neustart" als sogenannte Kern-Pädophile, die dauerhaft unter medikamentöse Behandlung, Betreuung und Kontrolle gestellt werden müssen. Auf sie hat das Strafausmaß keinerlei Wirkung, so Zembaty. Die übrigen 90 Prozent der Pädophilen entwickeln demnach eine psychosoziale Abnormität, die beeinflussbar ist. Ohne Betreuung liegt die Rückfallquote allerdings bei 20 bis 25 Prozent.

144 Verurteilungen

Laut gerichtlicher Kriminalstatistik wurden im Vorjahr 144 Pädophile wegen Missbrauchs schuldig gesprochen. Wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen (§206) wurden 79 Personen verurteilt, in den Jahren davor gab es diesbezüglich 75 (2008), 90 (2007), 29 (2006) und 85 Schuldsprüche (2005). Bei Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen (§207) gab es eine deutliche Abnahme auf 54 schuldig Gesprochenen im Vorjahr. In den Jahren davor wurden je 75 (2008), 77 (2007), 106 (2006) und 97 Personen (2005) verurteilt, so das Justizministerium.

Nur vereinzelt wurden in den vergangenen Jahren Personen nach sexuellem Missbrauch von Jugendlichen (§207b) vom Gericht schuldig gesprochen: 2009 bis 2005 gab es jeweils elf (2009), neun (2008), zwölf (2007), drei (2006) und sieben Verurteilungen (2005).