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Härtetest für Obama nach der Sommerpause

Von Alexander U. Mathé

Politik

Obamas Beliebtheit im Sinkflug. | Streit um staatliche Krankenkasse. | Washington/Wien. Es ist der größte Härtetest seiner Amtszeit: Mit einer Grundsatzrede will US-Präsident Barack Obama heute, Mittwoch, am Abend seine heftig umstrittene Gesundheitsreform auf den Weg bringen. Vorgetragen wird sie beiden Häusern des Parlaments, die nach der Sommerpause wieder ihre Arbeit aufgenommen haben.


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Zentrale Frage ist, ob ein öffentliches Versicherungssystem zusätzlich zu den bereits bestehenden privaten Krankenkassen eingeführt werden soll. Ziel ist es dabei, durch Konkurrenz die Kosten der Krankenkassen zu senken. Problematisch für Obama: Sogar in seinen eigenen demokratischen Reihen finden sich konservative Abgeordnete, die dieses Vorhaben ablehnen. Das Gros der oppositionellen Republikaner sieht in einer staatliche Krankenversicherung ohnedies den gefährlichen Ansatz eines schleichenden Sozialismus.

Die Ankündigung, in der geplanten Gesundheitsreform Nägel mit Köpfen zu machen, hat Obama geschadet wie kein anderes Thema. Bisher konnte sich der Präsident ungebremster Beliebtheit erfreuen. Doch erstmals sinken seine Popularitätswerte deutlich und Obama weht ein heftiger Wind von Medien und Bevölkerung entgegen; mittlerweile denken nur noch wenig mehr als 50 Prozent der Amerikaner, Barack Obama leiste gute Arbeit. Dafür haben mitunter die privaten Krankenversicherungen gesorgt. Sie geben Schätzungen zufolge bereits seit Monaten täglich rund eine Million Dollar für Lobbyarbeit aus, um die Einführung einer staatlichen Kasse zu verhindern.

Für die bisher im Schatten Obamas stehenden Republikaner war und ist es die erste große Gelegenheit, wieder ins Rampenlicht zu treten. Sie mobilisierten ihre Anhänger, um gegen den Plan des Präsidenten zu protestieren. Schon bald beherrschten aufgebrachte Bürger und widersprüchliche Aussagen über die geplante Gesundheitsreform die Medien. Resultat: Mehr als die Hälfte der Amerikaner hat Umfragen zufolge keine Ahnung, worum es in der Reform überhaupt geht.

Barack Obama wird daher in seiner im US-Hauptabendprogramm ausgestrahlten Rede genau erklären müssen, was er mit der Reform erreichen will und wie das Gesetz aussehen soll. Gleichzeitig muss er dafür sorgen, die Demokraten wieder geschlossen hinter sich zu bringen und sich eine Mehrheit im Kongress zu sichern.

Umso spannender ist, ob Obama hart bleiben wird oder ob er einen Kompromiss anpeilt. Im ersten Fall würde er die konservativen Ausreißer weiter von sich entfernen, im zweiten Fall die liberale Basis verärgern.

Bei den Republikanern dürfte Obama in keinem Fall punkten, wie der Ex-Abgeordnete Newt Gingrich erklärte: "Wartet er nur mit einer besseren Version dessen auf, was er die letzten drei Monate gesagt hat, wird das Land denken, dass er nicht zuhört."