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Die deutsche Sprache ist voll Schönheit und Poesie, voll Witz und Weisheit, aber auch voll Zynismus, Verleugnung und Verniedlichung, besonders wenn es um Krieg geht.
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Eine große Rolle spielt unser Kriegsvokabular auch (und im Moment sogar hauptsächlich) bei Vergnügen und Flirt, und natürlich im Geschäftsleben. Die Bomben (samt Sexbomben, Eisbomben, Kalorienbomben, Arschbomben, Bombenstimmung und Bombengeschäften) sind Lautmalerei - griechisch bómbos, dumpfes Getöse - und eng verwandt mit allem Bimmeln, Bummeln und Bim-Bam-Bum.
Keine Spur von Zerstörung, Leid und Tod: Die meisten lieben es, Bomben platzen und jemand mit Bomben und Granaten durchfallen zu lassen. Sie genießen es, wenn etwas wie eine Bombe einschlägt. Alles eine Frage der Gewohnheit, auch der Zynismus, der im Bombenteppich und im Molotowcocktail steckt.
Die Granaten heißen nach den Granatäpfeln und diese nach ihren vielen Fruchtkernen: lateinisch malum granatum, kernreicher Apfel. Ein mörderischer Scherz.
Vom Schrottplatz kommt die Bazooka : Die US-amerikanische Panzer- und Raketenabwehrwaffe war ursprünglich ein gefürchtetes Musikinstrument, das der Komiker Bob Burns zusammengebastelt und nach dem Slangwort bazoo für Mund und prahlerisches Geschwätz benannt hatte (möglicherweise auf das niederländische bazuin für Trompete zurückgehend).
Ein idealer Name für ein Kriegsgerät, fand man in der Rüstungsindustrie. Und ideal natürlich, Kinder früh genug auf solche Späße einzuüben: Mit dem Bazooka-Kaugummi kann man besonders große (rosa) Blasen machen, die besonders laut platzen.
Die Kanone , das "große Rohr", früher auch Canon genannt und Donnerbüchse, kommt - eng verwandt mit der Kanalisation - vom lateinischen canna für Rohr, zusammen mit allen Stimmungskanonen, die im Ernstfall aber auch nur Kanonenfutter sind.
Das führt uns zu den Lach salven , die eine sehr zwiespältige Angelegenheit sind: Das lateinische salvus hieß ursprünglich unversehrt, ganz, dann heil, gesund, wohl. Daraus ist das Grußwort salve ("Heil dir", sei gegrüßt) entstanden; das Salutieren, das "Salve-Sagen"; und die Salve, die zuerst Ehrengruß war (Salutschießen). Zum gemeinsamen Töten war es kein großer Schritt.
Alles reine Notwehr: Die Panzer waren zuerst Brustpanzer (lateinisch pantex, Wanst; panus, Geschwulst).
Und Waffen und Wappen waren bis ins 16. Jahrhundert identische Begriffe, noch erhalten im Wappnen.
Das klingt weniger nach Aufrüsten , das ursprünglich schmücken bedeutete, mit Schmuck bedecken (auch überdecken).
Die schweren Geschütze - die schweren Belagerungsgeschütze aus den früheren Festungskriegen (im Gegensatz zum leichteren Feldgeschütz) - werden heute in Diskussionen immer schneller aufgefahren. Und dann wird eine ordentliche Breitseite abgefeuert, also alle Geschütze einer Kriegsschiffseite auf einmal.
Wir wollen doch nur (im Sturm) erobern . Und angeblich nur die Herzen. Nur? Erobern heißt, "der Obere werden", (wie beim Ringkampf) die Oberhand gewinnen.
Was Krieg heißt, ist unklar. Ursprünglich bedeutete das Wort Hartnäckigkeit, dann Anstrengung, später Streit. Fest steht: Kriegen (bekommen, erhalten, erwischen) kommt vom Krieg.
Kriegsschauplatz (vom französischen théâtre de la guerre) klingt nach gelungener Inszenierung und bombiger Unterhaltung.
Soldaten und Söldner sind, während Tänzer tanzen und Köche kochen, die "in Sold Genommenen".
Und die Minen heißen nach den tödlichen Pulvergängen früherer Belagerungen, klingen aber ganz harmlos nach Bergbau und Bleistift, denn das Geschäft mit den Sprengkörpern ist nach wie vor eine wahre Goldmine.
Hilde.Weiss@wienerzeitung.at